juris PraxisReporte

Autor:Niklas Fietz, RA
Erscheinungsdatum:09.06.2023
Quelle:juris Logo
Normen:§ 72a WindSeeG, § 43m EnWG 2005, § 2 WindBG, § 8 ROG, § 45 BNatSchG, § 44 BNatSchG, § 45b BNatSchG, § 6 WindBG, § 6 BNatSchG, BJNR102050990BJNE002436360, § 14b UVPG, § 34 BNatSchG, § 35 BBauG, EURL 92/2011, EWGRL 43/92, EGRL 147/2009, EGRL 42/2001, EUV 2022/2577
Fundstelle:jurisPR-UmwR 6/2023 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Dr. Ferdinand Kuchler, RA
Dr. Martin Spieler, RA
Zitiervorschlag:Fietz, jurisPR-UmwR 6/2023 Anm. 1 Zitiervorschlag

Die EU-Notfallverordnung zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien und ihre Umsetzung in deutsches Recht

A. Einleitung

Am 03.03.2023 verabschiedeten Bundestag und Bundesrat das Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes und anderer Vorschriften (nachfolgend „Gesetz“). Dieses Gesetz ist am 29.03.2023 in Kraft getreten. Damit setzt Deutschland u. a. Handlungsspielräume zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien um, die durch die Europäische Union mit der Verordnung 2022/2577/EU vom 22.12.2022 zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien (nachfolgend „Verordnung“) geschaffen wurden.

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die einzelnen, mitunter komplexen Änderungen für Genehmigungsverfahren, die durch die Verordnung und ihre nationale Umsetzung geschaffen wurden, und stellt insbesondere schwerpunktmäßig § 6 WindBG n.F. vor.

B. Zeitlicher Anwendungsbereich

Die Verordnung gilt gemäß Art. 1 Abs. 2 unmittelbar für alle Verfahren zur Genehmigungserteilung, deren Beginn innerhalb ihrer Geltungsdauer liegt. Da die Verordnung gemäß Art. 10 lediglich für einen Zeitraum von 18 Monaten ab ihrem Inkrafttreten gilt und deshalb nach derzeitigem Stand mit Ablauf des 23.06.2024 außer Kraft tritt, ist sie unmittelbar nur auf diejenigen Verfahren anwendbar, die zwischen dem 23.12.2022 und dem 23.06.2024 begonnen werden. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass im zwischen der EU-Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat abgestimmten Vorschlag zur Neugestaltung der EU-Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III) vorgesehen ist, die Regelungen der Verordnung dauerhaft zu entfristen. Damit ist zu erwarten, dass die Regelungen der Verordnung in Zukunft dauerhafter Bestandteil des Genehmigungsverfahrens werden.

In Bezug auf bereits vor dem Inkrafttreten der Verordnung begonnene Verfahren bestimmt Art. 1 Abs. 3 der Verordnung, dass die Mitgliedstaaten die Verordnung auch auf laufende Verfahren zur Genehmigungserteilung anwenden können, bei denen vor dem 30.12.2022 noch keine endgültige Entscheidung ergangen ist, sofern das Verfahren zur Genehmigungserteilung damit verkürzt wird und bereits bestehende Rechte Dritter gewahrt werden.

Der Bundesgesetzgeber hat von dieser Möglichkeit teilweise Gebrauch gemacht und räumt in § 6 Abs. 2 WindBG, § 72a Abs. 3 WindSeeG und § 43m Abs. 3 EnWG für On- und Offshore-WEA sowie für besondere Netzausbauvorhaben dem Antragsteller ein Wahlrecht ein, wonach die dort vorgesehenen Verfahrenserleichterungen auch auf vor Inkrafttreten des deutschen Gesetzes begonnene Verfahren Anwendung finden können. Für die Verfahrenserleichterung für Solarparks nach § 14b UVPG erhält der Vorhabenträger sogar ein erweitertes Wahlrecht, mit dem er die Anwendung sowohl für bereits laufende als auch für nach dem Inkrafttreten des deutschen Gesetzes begonnene Verfahren bestimmen kann.

Wie der Gesetzgeber beispielsweise durch § 6 Abs. 2 Satz 4 WindBG, § 72a Abs. 3 Satz 3 WindSeeG deutlich gemacht hat, erstrecken sich die Verfahrenserleichterungen auf das gesamte Genehmigungsverfahren. Damit findet beispielsweise § 6 Abs. 1 WindBG auch dann Anwendung, wenn das Genehmigungsverfahren außerhalb des Geltungszeitraums der Verordnung abgeschlossen wird (vgl. BT-Drs. 20/5830, S. 50).

C. Keine UVP und artenschutzrechtliche Prüfung, wenn in Gebieten mit strategischer Umweltprüfung, Art. 6 Verordnung

Eine der wohl maßgeblichen Verfahrenserleichterungen bietet Art. 6 der Verordnung. Danach können die Mitgliedstaaten Ausnahmen für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien sowie für Projekte im Bereich Energiespeicherung und Stromnetze, die für die Integration erneuerbarer Energie in das Elektrizitätssystem erforderlich sind, von der Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU und von den Bewertungen des Artenschutzes gemäß Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG und gemäß Art. 5 der Richtlinie 2009/147/EG vorsehen, sofern das Projekt in einem für erneuerbare Energien oder Stromnetze vorgesehenen Gebiet für damit verbundene Netzinfrastruktur, die für die Integration erneuerbarer Energie in das Elektrizitätssystem erforderlich ist, durchgeführt wird, falls die Mitgliedstaaten ein solches Gebiet ausgewiesen haben, und dieses Gebiet einer strategischen Umweltprüfung gemäß der Richtlinie 2001/42/EG unterzogen worden ist.

Im Kern ermöglicht Art. 6 der Verordnung es daher den Mitgliedstaaten, für Projekte in den Bereichen der erneuerbaren Energien, der Energiespeicherung sowie der Stromnetze, auf die zeitaufwändige Umweltverträglichkeitsprüfung (nachfolgend „UVP“) und artenschutzrechtlichen Prüfungen (nachfolgend „ASP“) zu verzichten, sofern sich das Vorhaben in einem für diese Vorhaben ausgewiesenen Gebiet befindet, für das eine strategische Umweltprüfung (nachfolgend „SUP“) durchgeführt wurde.

Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Befugnis für die unterschiedlichen Vorhabenarten jeweils gesondert und in unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht, so für Solarparks in § 14b UVPG, für Onshore-WEA in § 6 WindBG, für Offshore-WEA in § 72a WindSeeG sowie für den Netzausbau in § 43m EnWG. Dieser Beitrag beleuchtet im Folgenden exemplarisch § 6 WindBG für Onshore-WEA sowie § 14b UVPG für Solarparks.

I. Keine UVP und ASP für Onshore-WEA, wenn Errichtung in Windenergiegebieten mit SUP, § 6 WindBG

Zuerst wird auf die Begünstigung von Onshore-Windenergieanlagen eingegangen. Zum Vollzug des § 6 WindBG liegt ein Entwurf eines Vollzugsleitfadens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 28.04.2023 vor, für den bis zum 17.05.2023 Stellungnahmen abgegeben werden konnten (nachfolgend „Vollzugsleitfaden“).

1. Voraussetzungen

Wird die Errichtung und der Betrieb oder die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer Windenergieanlage in einem zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ausgewiesenen Windenergiegebiet nach § 2 Nr. 1 WindBG beantragt, ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 WindBG im Genehmigungsverfahren abweichend von den Vorschriften des UVPG eine UVP und abweichend von den Vorschriften des § 44 Abs. 1 des BNatSchG eine artenschutzrechtliche Prüfung nicht durchzuführen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 WindBG ist Satz 1 nur anzuwenden, wenn bei Ausweisung des Windenergiegebietes eine Umweltprüfung nach § 8 ROG oder § 2 Abs. 4 BauGB durchgeführt wurde (Nr. 1) und soweit das Windenergiegebiet nicht in einem Natura 2000-Gebiet, einem Naturschutzgebiet oder einem Nationalpark liegt (Nr. 2).

Demnach ist im Genehmigungs- oder Änderungsgenehmigungsverfahren einer Onshore-Windenergieanlage eine UVP sowie eine ASP nicht mehr erforderlich, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

Zunächst muss sich der Standort der Windenergieanlage in einem Windenergiegebiet nach § 2 Nr. 1 WindBG befinden. Solche Windenergiegebiete können insbesondere durch Vorranggebiete in Raumordnungsplänen sowie durch Sonderbauflächen oder Sondergebiete in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen ausgewiesen werden. Da aber § 6 Abs. 1 Satz 1 WindBG durch seinen Verweis auf § 2 Nr. 1 WindBG nicht zwischen dessen Unterscheidung zwischen Vorrang- und Eignungs- und Vorbehaltsgebieten differenziert, sind auch Eignungs- und Vorbehaltsgebiete Windenergiegebiete (vgl. Vollzugsleitfaden, S. 3). Durch die Vorgaben im WindBG an die Länder, entsprechende Gebiete in den kommenden Jahren auszuweisen, dürfte sich der Anwendungsbereich des § 6 WindBG weiter erhöhen. Aber bereits vorher ausgewiesene Flächen können Windenergiegebiete darstellen, wobei es nicht darauf ankommt, welche Planungsebene die Gebiete ausgewiesen hat. Damit stellen auch die meisten Windkonzentrationszonen in Flächennutzungsplänen Windenergiegebiete dar, selbst wenn die mit ihrer Ausweisung verfolgte Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für unwirksam erklärt wurde (vgl. hier im Einzelnen Vollzugsleitfaden, S. 3 f.).

Daneben muss für das Windenergiegebiet eine Umweltprüfung nach § 8 ROG oder § 2 Abs. 4 BauGB stattgefunden haben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine solche Umweltprüfung seit dem 20.07.2006 gesetzlich vorgeschrieben ist, so dass im absoluten Regelfall entsprechende Pläne, die ab dem 20.07.2006 in Kraft getreten sind, diese Voraussetzung erfüllen dürften. Eine materielle, inhaltliche Prüfung der vorgenommenen Umweltprüfung ist nicht erforderlich (vgl. Vollzugsleitfaden, S. 5).

Schließlich darf das Windenergiegebiet nicht in einem besonders geschützten Gebiet, nämlich einem Natura 2000-Gebiet, einem Naturschutzgebiet oder einem Nationalpark liegen.

2. Rechtsfolge

Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine UVP und eine ASP für Vorhaben, die bei denen der Antragsteller den Genehmigungsantrag bis zum Ablauf des 30.06.2023 stellt, vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 WindBG, nicht durchzuführen. Auf bereits laufende Genehmigungsverfahren kann dies ebenfalls angewendet werden, wenn der Antragsteller den Antrag vor dem 29.03.2023 (Inkrafttreten des Gesetzes) gestellt hat und bei denen noch keine endgültige Entscheidung ergangen ist, wenn der Antragsteller dies gegenüber der zuständigen Behörde verlangt, vgl. § 6 Abs. 2 Satz 3 WindBG.

Durch den Verzicht auf die UVP (auch auf entsprechende Vorprüfungen) kann eine erhebliche Verfahrensbeschleunigung erreicht werden, da diese Prüfungen mitunter mehrere Jahre andauern können. Darin liegt eine der zentralen Beschleunigungsmöglichkeiten der Verordnung.

Daneben findet lediglich eine modifizierte artenschutzrechtliche Prüfung statt, bei der insbesondere keine Kartierungen, Raumnutzungsanalysen, etc. vom Antragsteller gefordert werden können. Dieser Verzicht bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass keine artenschutzrechtlichen Nebenbestimmungen zu beachten sind. Vielmehr hat nach § 6 Abs. 1 Satz 3 WindBG die zuständige Behörde auf Grundlage vorhandener Daten geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen anzuordnen, um die Einhaltung der Vorschriften des § 44 Abs. 1 BNatSchG zu gewährleisten, sofern die Daten eine ausreichende räumliche Genauigkeit aufweisen und zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Genehmigungsantrag nicht älter als fünf Jahre sind.

Eine erhebliche Besonderheit und Neuerung sieht der daran anschließende § 6 Abs. 1 Satz 5 bis 11 WindBG vor. Soweit geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen nicht verfügbar oder Daten nicht vorhanden sind, hat der Betreiber eine Zahlung in Geld zu leisten, die mit der Genehmigung festzusetzen und jährlich zu entrichten ist. Auch wenn also ein artenschutzrechtlicher Verstoß gegen § 44 Abs. 1 BNatSchG nur durch Minderungsmaßnahmen behoben werden kann, diese aber nicht verfügbar sind, oder aber ein Verstoß mangels vorhandener Daten nicht sicher auszuschließen ist, ist keine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erforderlich, sondern ist die Genehmigung zu erteilen. Erforderlich ist dabei „lediglich“ eine jährliche Zahlung an den Bund, der diese für nationale Artenhilfsprogramme verwendet.

Somit ist in einer dreischrittigen Prüfung von der Behörde wie folgt zu prüfen:

Zunächst prüft die Behörde, ob vorhandene Daten für das Gebiet vorliegen. Liegen solche Daten nicht vor, sind auch keine Maßnahmen anzuordnen, sondern unmittelbar eine Geldleistung an den Bund zu leisten. Liegen dagegen Daten vor, prüft die Behörde, ob diese einen Verstoß gegen das Zugriffsverbot erwarten lassen. Ist dies nicht der Fall, sind weder Geldzahlungen noch Minderungsmaßnahmen erforderlich, da eine Gefährdung der Individuen nicht zu befürchten ist. Kommt die Behörde aber zu dem Schluss, dass ein Verstoß gegen das Zugriffsverbot zu erwarten ist, prüft sie, ob der zu erwartende Verstoß durch geeignete und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen vermieden werden kann. Ist dies der Fall, wird die Minderungsmaßnahme angeordnet und eine Geldzahlung ist nicht zu leisten. Kommen solche Minderungsmaßnahmen nicht in Betracht, ist die Genehmigung dennoch zu erteilen, aber ebenfalls eine Geldleistung an den Bund zu erbringen.

Damit wird in erheblichem Maße von dem individuenbezogenen Ansatz des § 44 BNatSchG abgewichen und ein populationsbezogener Ansatz gewählt, der sich darin ausdrückt, dass die Erhaltung der Art mithilfe von nationalen Schutzmaßnahmen sichergestellt werden soll. Die Abkehr vom individuenbezogenen Ansatz wird insbesondere daran deutlich, dass die Genehmigung selbst dann zu erteilen ist, wenn eine Tötung des Individuums infolge der Errichtung oder des Betriebs der Windenergieanlage sicher zu erwarten ist.

Ausweislich des Vollzugsleitfadens ist von dieser Vorgehensweise eine Ausnahme in Bezug auf Fledermäuse zu machen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 4 WindBG hat die Behörde geeignete Minderungsmaßnahmen zum Schutz von Fledermäusen insbesondere in Form einer Abregelung der Windenergieanlage anzuordnen, die auf Grundlage einer zweijährigen akustischen Erfassung der Fledermausaktivität im Gondelbereich anzupassen ist. Der Vollzugsleitfaden zieht daraus den Schluss, dass zum Schutz von Fledermäusen immer Abregelungen von Windenergieanlagen mit einer entsprechenden Erfassung durch sog. „Batcorder“ anzuordnen sind, wenn keine Vorab-Untersuchungen durchgeführt wurden und daher keine Daten vorliegen (vgl. Vollzugsleidfaden, S. 10).

Vorhandene Daten sind dabei ausweislich der Gesetzesbegründung nicht nur diejenigen aus behördlichen Datenbanken und Katastern, sondern auch vorhandene Daten Dritter, die nach vergleichbarem fachlichen Standard erhoben wurden (vgl. BT-Drs. 20/5830, S. 49). Hierunter fallen auch Umweltschutzvereinigungen, wobei die Behörde zu prüfen hat, ob die Daten nach fachlichen Standards erhoben wurden. Ob Minderungsmaßnahmen verhältnismäßig sind, richtet sich nach § 45b Abs. 6 Satz 2 BNatSchG.

Die Höhe des zu leistenden Geldbetrages beträgt nach § 6 Abs. 1 Satz 7 WindBG

1. 450 Euro je MW installierter Leistung, sofern Schutzmaßnahmen für Vögel angeordnet werden, die die Abregelung von WEA betreffen, oder Schutzmaßnahmen, deren Investitionskosten höher als 17.000 Euro je MW liegen;

2. ansonsten 3.000 Euro je MW installierter Leistung.

Einzelheiten der Geldzahlung sollen in einer Verordnung geregelt werden, für die § 6 Abs. 1 Satz 11 BNatSchG eine Ermächtigungsgrundlage enthält. Die Verordnung ist im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages noch nicht veröffentlicht worden.

Für die Vorhabenträger wird nach alledem zu ermitteln sein, ob vor Antragstellung nicht die Erhebung von Daten geboten sein könnte, um die Behörde zu veranlassen, keine Geldzahlung, sondern lediglich vergleichsweise geringwertige Vermeidungsmaßnahmen anzuordnen.

II. Keine UVP für Solarparks, wenn in Gebieten mit strategischer Umweltprüfung, § 14b UVPG

Für Bebauungspläne bezüglich Solarparks, die im Außenbereich errichtet werden, ist nach Anlage 1 Nr. 18.7 UVPG bei einer zulässigen Grundfläche von 100.000 m2 oder mehr zwingend eine UVP, bei einer zulässigen Grundfläche von 20.000 bis 100.000 m2 eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen.

Hiervon sieht nun § 14b Abs. 1 UVPG eine Ausnahme für den Fall vor, dass der Solarpark in einem Gebiet liegt, für das in einem Plan Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie vorgesehen sind, falls bei Aufstellung dieses Plans eine SUP durchgeführt wurde.

Dabei besteht der maßgebliche Unterschied zwischen § 14b UVPG und § 6 WindBG darin, dass § 14b UVPG nur von der Verpflichtung zur Durchführung einer UVP entbindet. Eine ASP ist weiterhin erforderlich.

D. Überwiegendes öffentliches Interesse auch auf europäischer Ebene, Art. 3

Daneben sieht Art. 3 Abs. 1 der Verordnung vor, dass für die Zwecke bestimmter EU-Richtlinien die Erzeugung von erneuerbarer Energien und der Netzausbau im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienen.

Diese besondere Privilegierung gelangt insbesondere bei der Ausnahmevorschrift des § 34 Abs. 3 BNatSchG für FFH-Gebiete und weitere Natura 2000-Gebiete zur Anwendung. Die Erzeugung erneuerbarer Energie gilt aufgrund Art. 3 Abs. 1 nun als ein zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.d. § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG, so dass § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG für Vorhaben zur Nutzung erneuerbarer Energien und zum Netzausbau als erfüllt gilt und ein Vorhaben ggf. auch dann zugelassen werden kann, wenn es nach § 34 Abs. 2 BNatSchG aufgrund negativer Verträglichkeitsprüfung eigentlich unzulässig wäre.

Voraussetzung für eine ausnahmsweise Zulässigkeit ist allerdings gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG immer noch, dass zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

Danach soll der öffentliche Belang einer optisch bedrängenden Wirkung einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, das der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dient, in der Regel nicht entgegenstehen, wenn der Abstand von der Mitte des Mastfußes der WEA bis zur nächstgelegenen baulichen Nutzung zu Wohnzwecken mindestens 300 Meter beträgt. Die Regelung soll klarstellen, dass der optische Schutz allein den Nahbereich um die WEA erfasst. Bei einem Abstand von mehr als 300 Metern ist eine optische Bedrängung regelmäßig nicht anzunehmen. Die Regelung lässt jedoch Raum, den besonderen Verhältnissen weiterhin im Einzelfall Rechnung zu tragen. Eine optisch bedrängende Wirkung von mehr als 300 Meter entfernten WEA kommt allerdings nur noch ausnahmsweise in Betracht, wenn anderenfalls die Schwelle der Zumutbarkeit aufgrund besonderer Umstände überschritten würde.

E. Vereinfachte Regeln für Repowering, Art. 5

Auch für das Repowering von Vorhaben zur Nutzung erneuerbarer Energien und Netzinfrastruktur hält die Verordnung Verfahrensbeschleunigungen bereit. So dürfen die Genehmigungsverfahren hierfür nur sechs Monate dauern, Art. 5 Abs. 1.

Ist für das Repowering daneben eine UVP erforderlich, beschränkt sich diese auf eine Delta-Prüfung, also nur auf eine Prüfung der allein durch das Repowering verursachten Auswirkungen, Art. 5 Abs. 3. Bei dem Repowering für Solaranlagen, für die keine zusätzlichen Flächen erforderlich sind, gilt für diese keine UVP-(Vorprüfungs-) Pflicht mehr, Art. 5 Abs. 4.

F. Weitere Verfahrenserleichterungen

Daneben sieht die Verordnung die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Solaranlagen auf „künstlichen Strukturen“, also insbesondere Gebäuden vor, Art. 4 Abs. 1. Zudem ist eine Genehmigungsfiktion für Solaranlagen mit einer Kapazität von höchstens 50 kW vorgesehen, wenn die zuständigen Behörden innerhalb eines Monats nach Antragstellung keine Antwort übermittelt haben, Art. 4 Abs. 3. Außerdem wird das Genehmigungsverfahren für Wärmepumpen beschleunigt, Art. 7.

G. Fazit

Die Verordnung und ihre Umsetzung in deutsches Recht haben insbesondere mit dem Verzicht auf die UVP und ASP das Potential, Genehmigungsverfahren vor allem von WEA erheblich zu beschleunigen. Auch bei bereits laufenden Genehmigungsverfahren können UVP und ASP bei einer Ausübung des oben beschriebenen Wahlrechts rückwirkend nicht mehr erforderlich sein. Dabei wird sich für den Antragsteller zukünftig nicht mehr die Frage stellen, inwieweit er die Genehmigung für eine Windenergieanlage aufgrund von möglichen artenschutzrechtlichen Verstößen erhält. Vielmehr wird es für ihn in wirtschaftlicher Hinsicht darauf ankommen, ob die Ausgleichszahlungen an den Bund oder die vorherige Erhebung von Daten bezüglich kollisionsgefährdeter Brutvögel sinnvoll ist.

Insgesamt dürfte bei einer zügigen Anwendung der entsprechenden Normen durch die Behörden insbesondere aufgrund eines Wegfalls der UVP und ASP insbesondere bei der Genehmigung von Windenergieanlagen eine erhebliche Verfahrensbeschleunigung ermöglicht werden.


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