Außerordentliche Kündigungen wegen Verstoßes gegen die politische Treuepflicht im Angestelltenverhältnis des öffentlichen DienstesOrientierungssätze zur Anmerkung 1. Unter dem Gesichtspunkt der Personenbedingtheit - der Frage nach der Eignung - hängt die Wirksamkeit einer Kündigung wegen politischer Aktivitäten davon ab, welche vertraglich vereinbarten Verhaltenspflichten dem Arbeitnehmer obliegen, welche staatliche Aufgabenstellung der öffentliche Arbeitgeber wahrzunehmen hat und welches Aufgabengebiet von dem Arbeitnehmer zu bearbeiten ist (BAG, Urt. v. 06.06.1984 - 7 AZR 456/82 Rn. 36). 2. Die in § 3 Abs. 1.1 Satz 3 des TVÖD/VkA festgelegten Verhaltenspflichten, die zugleich für die Frage der Eignung maßgebend sind, sind wie in vergleichbaren Vorschriften verfassungskonform differenziert auszulegen. Daher ergibt sich das vom Angestellten zu erwartende Maß an politischer Treuepflicht aus der Amtsstellung und dem übertragenen Aufgabenkreis (BAG, Urt. v. 06.09.2012 - 2 AZR 372/11 Rn. 17; BAG, Urt. v. 06.06.1984 - 7 AZR 456/82 Rn. 39). Geschuldet ist lediglich ein solches Maß an politischer Loyalität, das für die funktionsgerechte Verrichtung der Tätigkeit unverzichtbar ist (BAG, Urt. v. 06.09.2012 - 2 AZR 372/11 Rn. 17). 3. Ist lediglich eine „einfache“ politische Treuepflicht im Sinne des Orientierungssatzes 2 geschuldet, muss der Angestellte aber - dienstlich und außerdienstlich - jedenfalls ein Mindestmaß an Verfassungstreue insoweit aufbringen, als er nicht darauf ausgehen darf, den Staat, die Verfassung oder deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen (BAG, Urt. v. 06.09.2012 - 2 AZR 372/11 Rn. 17). Er darf die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht aktiv bekämpfen (BAG, Urt. v. 12.05.2011 - 2 AZR 479/09 Rn. 30; BAG, Urt. v. 12.03.1986 - 7 AZR 468/81 Rn. 40). 4. Aus verhaltensbedingten Gründen kann eine Kündigung gegenüber einem Angestellten im öffentlichen Dienst wegen außerdienstlicher politischer Betätigung dann wirksam sein, wenn durch das Verhalten des Arbeitnehmers eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, sei es im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich (BAG, Urt. v. 20.07.1989 - 2 AZR 114/87 Rn. 27). - A.
Problemstellung Im Zentrum steht die Frage, ob die Klägerin durch die Teilnahme an einer Veranstaltung mit sehr rechter Ausrichtung in einem solchem Maße gegen die ihr im Angestelltenverhältnis des öffentlichen Dienstes obliegende politische Treuepflicht verstoßen hat, dass eine außerordentliche Kündigung (u.U. mit Auslauffrist) gerechtfertigt war.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Die Parteien streiten in erster Linie um die Wirksamkeit von fünf außerordentlichen Kündigungen (zwei davon mit Auslauffrist), daneben sind zwei allgemeine Feststellungsanträge sowie ein Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits gestellt. Die bei Klageerhebung 63 Jahre alte Klägerin ist Diplom-Verwaltungswirtin und bei der beklagen Stadt Köln seit dem 01.07.2000 beschäftigt, eingruppiert in Entgeltgruppe 12, Stufe 6 des aufgrund Vereinbarung im Arbeitsvertrag anwendbaren TVöD/VkA. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD/VkA ist sie nur aus wichtigem Grund kündbar. Zuletzt war sie im Umwelt- und Verbraucherschutzamt als Ansprechpartnerin für das Zentrale Beschwerdemanagement in dem Amt tätig. Daneben nahm sie die Koordination und Beantwortung sämtlicher Anfragen zu Grundstücksbelastungen für das Amt wahr. Im Oktober 2023 wurde mit dem Briefkopf des „Düsseldorfer Forums“ mit Einladungsschreiben zu einem Treffen am 25.11.2023 im Landhaus Adlon in Potsdam eingeladen. Der Verfasser des Schreibens lud die Klägerin mündlich zu dem Treffen ein, und die Klägerin nahm daran teil. Die Beklagte behauptet, an dem Treffen hätten unterschiedliche Akteure aus dem rechtsextremen und rechtskonservativen Spektrum teilgenommen. In einem Vortrag von Martin Sellner und in der anschließenden Diskussion sei es um einen „Masterplan zu Remigration“ gegangen, wobei unter „Remigration“ verstanden worden sei, dass in einem längeren Prozess Asylbewerber, Ausländer mit und ohne Aufenthaltstitel und auch „nicht assimilierte“ deutsche Staatsangehörige Deutschland verlassen sollten. Weiter behauptet die Beklagte entgegen dem Vortrag der Klägerin bzw. „geht davon aus“, dass die Klägerin Kenntnis von dem Einladungsschreiben gehabt und von der Teilnahme Sellners und von dem Vortragsthema gewusst habe, sowie, dass die Klägerin einen finanziellen Beitrag für das Treffen geleistet habe. Jedenfalls bestehe der dringende Verdacht. Damit habe – so die Ansicht der Beklagten – die Klägerin aktiv an einer Vernetzung unterschiedlicher Akteure aus dem rechtsextremen und rechtskonservativen Spektrum teilgenommen, welche dem Ziel gedient habe, den „Masterplan Remigration“ voranzutreiben. In der Summe habe die Klägerin gegen die von ihr in der Tätigkeit der Entgeltgruppe 12 geforderte beamtenähnliche Treue- und Loyalitätspflicht verstoßen. Sie biete keine Gewähr dafür, stets für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten, sie habe sich mit den auf dem Treffen diskutierten verfassungsfeindlichen Plänen gemein gemacht. Das Verhalten der Klägerin habe auch zu einer konkreten Störung des Arbeitsverhältnisses geführt, die Mitarbeitenden des Amtes, in dem die Klägerin zuletzt tätig gewesen sei, hätten gegenüber dem Amtsleiter deutlich gemacht, dass sie zu einer Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht mehr bereit seien. Das Autorenkollektiv Correctiv berichtete unter dem 10.01.2024 von dem Treffen unter der Überschrift „Geheimplan für Deutschland“. Darauf wurde die Klägerin am 12.01.2024 vom Amtsleiter wegen ihrer Teilnahme an dem Treffen angesprochen. Sie antwortete, zum Essen eingeladen worden zu sein, von einem Treffen zuvor nichts gewusst zu haben, räumte aber später ein, mündlich zu dem Treffen eingeladen worden zu sein. Mit E-Mail der Beklagten vom 17.01.2024 wurde die Klägerin weiter zu dem geäußerten dringenden Verdacht, dass sie ihre arbeitsvertraglichen Pflichten, insbesondere zur Verfassungstreue, schwerwiegend verletzt und das in sie gesetzte Vertrauen in erheblicher Weise missbraucht habe, angehört und um Stellungnahme gebeten, aus welchem Grunde sie an dem Treffen teilgenommen habe, ob ihr im Vorfeld bekannt gewesen sei, wer an dem Treffen teilnehmen werde, und ob ihr die Tagesordnung bekannt gewesen sei. Darauf antwortete die Klägerin, sie habe „privat“ teilgenommen, und verneinte die übrigen Fragen. Mit zwei Schreiben vom 29.01.2024 kündigte die Beklagte nach ordnungsgemäßer Anhörung von Gesamtbetriebsrat und Frauenbeauftragter außerordentlich fristlos als Tat- und als Verdachtskündigung. Mit zwei weiteren Schreiben vom 31.01.2024 kündigte die Beklagte zudem vorsorglich außerordentlich mit sozialer Auslauffrist als Tat- und als Verdachtskündigung, ebenfalls nach ordnungsgemäßer Beteiligung von Gesamtpersonalrat und Frauenbeauftragter. Gegen alle Kündigungen erhobt die Klägerin fristgerecht Klage. Zudem stelle es als nach den erforderlichen Anhörungen nachgeschobener Kündigungsgrund einen weiteren wichtigen Grund dar, dass die Klägerin gegenüber ihrem Dienstvorgesetzten sowie im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor Ausspruch der Kündigung die Unwahrheit gesagt habe. Die Klägerin hatte zudem im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens eine eidesstattliche Versicherung mit falschen Angaben zu den monatlichen Zahlungsverpflichtungen und zu den monatlichen Aufwendungen für die Wohngebäudeversicherung vorgelegt. Diese Versicherung hatte der Rechtsanwalt der Klägerin ausgefüllt, die Klägerin hatte sie ungeprüft unterschrieben. Der Anwalt gab später an, es handle sich um ein Versehen. Wegen der falschen Angaben sprach die Beklagte nach Anhörung von Gesamtpersonalrat und Frauenbeauftragter unter dem 18.03.2024 eine weitere außerordentliche fristlose Kündigung aus, die gleichfalls ordnungsgemäß klageweise angegriffen wurde. Die Klägerin hält alle Kündigungen für unwirksam. Sie hat daher mit ihren Klageanträgen zu 1., 2., 4. und 5. die Kündigungen vom 29.01.2024 und vom 31.01.2024 angegriffen, dazu mit dem Klageantrag zu 7. die Kündigung vom 18.03.2024. Mit den zusätzlichen Klageanträgen zu 3. und 8. ist beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 29.01.2024 bzw. über den 18.03.2024 hinaus in ungekündigtem Zustand fortbesteht. Schließlich ist mit dem Antrag zu 6. beantragt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Ansprechpartnerin für das Zentrale Beschwerdemanagement im Amt weiter zu beschäftigen. Das ArbG Köln hat die beiden allgemeinen Feststellungsanträge abgewiesen und im Übrigen der Klage stattgegeben, die Kosten der Beklagten auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf den Betrag von 5,75 Bruttomonatsgehältern festgesetzt, wozu man sich freilich eine detailliertere Begründung gewünscht hätte. Zu den im Zentrum stehenden Kündigungen vom 29.01.2024 und 31.01.2024 (zu den übrigen Anträgen vgl. unten unter E.) hat das Arbeitsgericht ausgeführt, es fehle jeweils – sowohl hinsichtlich der Tatkündigung als auch hinsichtlich der Verdachtskündigung – an einem wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB. Die Klägerin in ihrer Funktion unterliege keiner gesteigerten, sondern nur einer „einfachen“ politischen Treuepflicht. Insofern reiche es aus, wenn sie die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht aktiv bekämpfe, also nicht selbst aktiv verfassungsfeindliche Ziele verfolge oder darauf ausgehe, den Staat, die Verfassung oder ihre Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen, was aber der Beklagtenvortrag nicht ergebe. Die Eignung der Klägerin stehe damit nicht in Frage. Aber auch im (außerdienstlichen) Verhalten der Klägerin gebe es keine ausreichenden Kündigungsgründe, da es an einer konkreten Störung des Arbeitsverhältnisses fehle.
- C.
Kontext der Entscheidung Die fehlende Eignung für die Ausübung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung stellt grundsätzlich einen personenbedingten Kündigungsgrund dar. Insoweit hängt die Wirksamkeit einer Kündigung wegen politischer Aktivitäten davon ab, welche vertraglich vereinbarten Verhaltenspflichten dem Arbeitnehmer obliegen, welche staatliche Aufgabenstellung der öffentliche Arbeitgeber wahrzunehmen hat und welches Aufgabengebiet von dem Arbeitnehmer zu bearbeiten ist (BAG, Urt. v. 06.06.1984 - 7 AZR 456/82 Rn. 36). Im öffentlichen Dienst kann sich diese fehlende Eignung auch aus begründeten Zweifeln an der geforderten Verfassungstreue des Arbeitnehmers ergeben. Insofern ist hier § 3 Abs. 1.1 Satz 2 TVöD/VkA maßgebend, der besagt: „Beschäftigte bei Arbeitgebern, in deren Aufgabenbereichen auch hoheitliche Tätigkeiten wahrgenommen werden, müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen.“ Diese Vorschrift ist allerdings wie vergleichbare Vorschriften verfassungskonform auszulegen. Sie kann mit ihrer allgemein gehaltenen Formulierung nicht so verstanden werden, dass allen Angestellten des öffentlichen Arbeitgebers ohne Bezug zu der jeweils auszuübenden Tätigkeit eine dem Beamten vergleichbare gesteigerte politische Treuepflicht obliegt, wovon auch das BVerfG ausgeht (BVerfG, Beschl. v. 22.05.1975 - 2 BvL 13/73 Rn. 53 und LS 7). Vielmehr ergibt sich das vom Angestellten zu erwartende Maß an politischer Treuepflicht aus der Amtsstellung und dem übertragenen Aufgabenkreis (BAG, Urt. v. 06.09.2012 - 2 AZR 372/11 Rn. 17; BAG, Urt. v. 06.06.1984 - 7 AZR 456/82 Rn. 39). Geschuldet ist lediglich ein solches Maß an politischer Loyalität, das für die funktionsgerechte Verrichtung der Tätigkeit unverzichtbar ist (BAG, Urt. v. 06.09.2012 - 2 AZR 372/11 Rn. 17). Im Rahmen dieser „einfachen“ politischen Treuepflicht muss der Angestellte aber – dienstlich und außerdienstlich – jedenfalls ein Mindestmaß an Verfassungstreue insoweit aufbringen, als er nicht darauf ausgehen darf, den Staat, die Verfassung oder deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen (BAG, Urt. v. 06.09.2012 - 2 AZR 372/11 Rn. 17). Er darf die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht aktiv bekämpfen (BAG, Urt. v. 12.05.2011 - 2 AZR 479/09 Rn. 30; BAG, Urt. v. 12.03.1986 - 7 AZR 468/81 Rn. 40). Aus verhaltensbedingten Gründen kann eine Kündigung gegenüber einem Angestellten im öffentlichen Dienst wegen außerdienstlicher politischer Betätigung dann wirksam sein, wenn durch das Verhalten des Arbeitnehmers eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, sei es im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich (BAG, Urt. v. 20.07.1989 - 2 AZR 114/87 Rn. 27). Ob eine verhaltensbedingte Kündigung i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 KSchG schon dann gerechtfertigt sein kann, wenn konkrete Umstände den Eintritt einer derartigen Störung im personalen Vertrauensbereich zumindest wahrscheinlich machen, hat das BAG (Urt. v. 06.09.2012 - 2 AZR 372/11 Rn. 18) dahinstehen lassen. Jedenfalls im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB wird es dabei zu bleiben haben, dass eine tatsächlich eingetretene Störung vorliegen muss (Fischermeier/Krumbiegel in: KR, 13. Aufl. 2022, § 626 BGB Rn. 124 m.w.N.). Auf der Basis dieser gesicherten Grundsätze, an denen festzuhalten ist und von denen auch das Arbeitsgericht ausgeht, kann mit dem Arbeitsgericht vorliegend kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung bejaht werden. Angesichts des Aufgabenbereichs der Klägerin obliegt ihr ungeachtet der Entgeltgruppe, die nichts über die konkret arbeitsvertraglich übertragene Tätigkeit aussagt, keine gesteigerte politische Treuepflicht. Weder nimmt die Klägerin im vielfältigen Aufgabenbereich der Beklagten tatsächlich hoheitliche Aufgaben wahr noch hat sie Personalverantwortung noch hat sie eine besondere Vorbildfunktion und/oder Einflussmöglichkeiten. Und aufgrund des Beklagtenvortrags kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin durch die bloße Teilnahme an dem Treffen in Potsdam die freiheitlich demokratische Grundordnung aktiv bekämpft habe. Es ist nicht behauptet, dass die Klägerin sich an der Veranstaltung mit einem Wortbeitrag beteiligt hätte, und es ist nicht ersichtlich, dass sie sich sonst erkennbar mit der Tendenz der Veranstaltung identifiziert und die als verfassungsfeindlich bezeichnete Zielsetzung des Vortrags Sellner und der folgenden Diskussion jedenfalls unterstützt hätte, zumal nichts Konkretes zumindest für einen dringenden Tatverdacht in Hinsicht auf eine finanzielle Unterstützung des Treffens vorgetragen ist. Was schließlich die Verhaltensebene angeht, fehlt es an ausreichendem Vortrag zu einer konkreten Störung des Arbeitsverhältnisses. ebenso zu den Voraussetzungen einer wirksamen Druckkündigung.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Der Potsdamer Vortrag von Martin Sellner, der laut Wikipedia u.a. bis Anfang 2023 Co-Chef der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreich war, verfolgte nach dem Correktiv-Bericht, dessen Richtigkeit allerdings teilweise umstritten war, eine verfassungswidrige Zielsetzung, und der mehrheitlich rechte bis rechtsextreme Teilnehmerkreis des Treffens in Potsdam wurde vielfach als bedenklich empfunden. Von daher konnte die aufgeregte und empörte öffentliche und politische Diskussion, die durch die Correctiv-Veröffentlichung ausgelöst worden war, nicht verwundern. Eine solche Stimmung sollte jedoch nicht zu voreiligen juristischen und arbeitsrechtlichen Schritten führen, wie sie zum Teil auch nach den ausländerfeindlichen Gesängen in zwei Clubs auf Sylt zu verzeichnen waren. Auch in einer derartigen Situation ist es geboten, anhand der vorhandenen rechtlichen Standards genau zu prüfen, welche Reaktion wirklich sachgerecht und angemessen ist.
- E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung 1. Zur Frage von Unwahrheiten bei der Beantwortung der Frage des Amtsleiters und im Rahmen der Anhörung (nachgeschobene Kündigungsgründe): Das Arbeitsgericht hat insoweit einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB verneint. Es hat bereits keine Auskunftspflicht der Klägerin im Rahmen der Anhörung bejaht (Rn. 77, 78 der Entscheidung). Außerdem habe die Beklagte nicht ausreichend dargelegt, dass die Klägerin bei der Beantwortung der Anhörungsfragen die Unwahrheit gesagt habe. Der Vortrag reiche auch nicht dafür aus, einen dringenden diesbezüglichen Verdacht zu begründen. Was die Frage des Amtsleiters angehe, habe gleichfalls keine Auskunftspflicht bestanden, so dass es keine Rolle spiele, dass die Klägerin insoweit die Unwahrheit gesagt habe. Im Übrigen fehle es in jedem Fall an der erforderlichen Abmahnung. 2. Zur eidesstattlichen Versicherung (Kündigung vom 18.03.2024): Auch diesbezüglich liege, so zu Recht das Arbeitsgericht, kein wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB vor. Die Klägerin habe nicht vorsätzlich gehandelt, sondern grob fahrlässig die unrichtige eidesstattliche Versicherung ungeprüft unterschrieben. Dieses Fehlverhalten rechtfertige aber ohne vorausgegangene Abmahnung keine außerordentliche fristlose Kündigung. 3. Zu den allgemeinen Feststellungsanträgen: Insoweit fehlt es mangels Vortrags zur objektiven Gefahr weiterer Auflösungstatbestände und möglicher Folgekündigungen am erforderlichen Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO; vgl. BAG, Urt. v. 27.01.1994 - 2 AZR 484/93 Rn. 28). 4. Zum Antrag auf Weiterbeschäftigung: Auf der Basis der Rechtsprechung des BAG (Beschl. v. 27.02.1985 - GS 1/84) hat das ArbG Köln angesichts der Unwirksamkeit aller Kündigungen zutreffend den Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerin bejaht.
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