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Anmerkung zu:BayObLG München 2. Zivilsenat, Beschluss vom 03.07.2025 - 102 AR 11/25 e
Autor:Dr. Bernd Müller-Christmann, Vors. RiOLG a.D.
Erscheinungsdatum:18.11.2025
Quelle:juris Logo
Normen:Art 101 GG, § 9 ZPOEG, § 59 ZPO, § 269 BGB, § 355 BGB, § 29 ZPO, § 60 ZPO, § 36 ZPO, § 358 BGB
Fundstelle:jurisPR-BKR 11/2025 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Dr. Stephan Meder, Universität Hannover
Dr. Anna-Maria Beesch, RA'in und FA'in für Bank- und Kapitalmarktrecht
Zitiervorschlag:Müller-Christmann, jurisPR-BKR 11/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Kein einheitlicher Gerichtsstand für Ansprüche aus Rückabwicklung nach Widerruf eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrags



Orientierungssätze

1. Bei Ansprüche im Zusammenhang mit dem Widerruf eines mit einem Kaufvertrag im Sinne von § 358 BGB verbundenen Verbraucherdarlehensvertrags gibt es keinen einheitlichen Erfüllungsort für alle Ansprüche auf Rückabwicklung (Anschluss BGH, 06. Mai 2025 - X ARZ 38/25, ZIP 2025, 1350).
2. Der Leistungsort für die im Widerrufsfall geltend gemachte Rückzahlung von Zins- und Tilgungsleistungen liegt am Sitz der jeweiligen Beklagten.
3. Erfüllungsort für die Verpflichtung zur Zahlung einer vertraglichen Verbindlichkeit ist nämlich nicht der Wohnsitz des Schuldners bei Klageerhebung, sondern derjenige zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses. Ein späterer Wohnsitzwechsel ist für den Gerichtsstand des Erfüllungsorts bedeutungslos.
4. Die Regelung in § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO stellt darauf ab, dass für „den Rechtsstreit“, mithin für die Klage in ihrem gesamten Umfang ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. Daraus folgt, dass der Prüfung sämtliche prozessuale Ansprüche zugrunde gelegt werden müssen, die Streitgegenstand des jeweiligen Rechtsstreits sind, sofern zwischen ihnen ein Zusammenhang i. S. v. § 60 ZPO oder § 260 ZPO besteht.



A.
Problemstellung
Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Gerichten sind nicht selten. Wenn sich die Zuständigkeit aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht oder nicht eindeutig aus den Gerichtsstandsvorschriften ergibt, stellt § 36 ZPO ein eigenes, in der Regel vorgelagertes Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung zur Verfügung. Die Notwendigkeit einer Entscheidung nach § 36 ZPO ergibt sich insbesondere, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist (§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Da die Bestimmung des zuständigen Gerichts Einzelfälle betrifft und nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit und der Prozesswirtschaftlichkeit erfolgt, sind Beschlüsse zur Zuständigkeitsbestimmung für die Fachöffentlichkeit in der Regel nicht von großem Interesse. Anders im vorliegenden Fall, wo sich das bestimmende Gericht mit der umstrittenen Frage auseinandersetzen musste, ob ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand besteht für Ansprüche, die aus dem Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags resultieren.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der im Bezirk des LG München I wohnhafte Kläger macht mit seiner bei diesem Gericht erhobenen Klage gegenüber den Beklagten Ansprüche wegen „Rückabwicklung Fahrzeugkauf“ geltend. Die Beklagte zu 1) ist ein Unternehmen mit Sitz im Bezirk des Landgerichts B., das Fahrzeuge herstellt und vertreibt. Bei der Beklagten zu 2) handelt es sich um eine im Landgerichtsbezirk Mönchengladbach ansässige Bank.
Der Kläger erwarb am 28.11.2022 bei der Beklagten zu 1) einen PKW zu einem Kaufpreis von 63.320 Euro. Zur Finanzierung des Fahrzeugkaufs schloss er mit der Beklagten zu 2) im Wege eines verbundenen Geschäfts am 23.01.2023 einen Darlehensvertrag. Der Kläger, der an die Beklagte zu 1) eine Anzahlung von 10.000 Euro geleistet hatte, nahm im April 2023 die Ratenzahlung für das Darlehen auf. Zur Begründung der Klage führt der Kläger aus, gegenüber der Beklagten zu 1) sei der Widerruf des Kaufvertrags erklärt worden; passivlegitimiert bezüglich dieser Ansprüche sei gemäß § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB die Beklagte zu 2). Gegenüber der Beklagten zu 1) sei aber auch der Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Sachmängeln erklärt worden; passivlegitimiert bezüglich dieser Ansprüche sei die Beklagte zu 1) selbst. Der Kläger hat u.a. folgende Anträge angekündigt:
Feststellung, dass durch den Widerruf der mit der Beklagten zu 1) geschlossene Kaufvertrag und der mit der Beklagten zu 2) geschlossene und mit dem Kaufvertrag verbundene Darlehensvertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt worden seien, so dass der Kläger nicht weiter verpflichtet sei, die Darlehenssumme zurückzuzahlen (Klageantrag 1)
Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung der geleisteten Anzahlung sowie der erbrachten Darlehensraten Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs (Klageanträge 2 und 3).
Mit Verfügung vom 17.12.2024 hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass Zweifel hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bestünden und angefragt, ob ein Verweisungsantrag gestellt werde. Der Kläger hat daraufhin beantragt, gemäß § 36 ZPO das LG München I als zuständiges Gericht zu bestimmen. Das BayObLG hat als (örtlich) zuständiges Gericht das LG Mönchengladbach bestimmt.


C.
Kontext der Entscheidung
I. Vorbemerkung
Die verfassungsrechtliche Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) erfordert es, dass tatsächliche oder rechtliche Unklarheiten über den Gerichtsstand durch ein gesetzlich bestimmtes Verfahren ausgeräumt werden. Die Vorschrift des § 36 ZPO will eine schnelle und kostengünstige Abhilfe bei einem Zuständigkeitsstreit ermöglichen. Damit soll vermieden werden, dass einerseits mehrere Gerichte mit einer Sache befasst werden und andererseits eine Rechtsschutzverweigerung gegenüber den Parteien stattfindet. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts ist kein Akt der Justizverwaltung, sondern einer der Rechtspflege und daher den Gerichten zugewiesen.
Im vorliegenden Fall war das BayObLG nach § 36 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 9 EGZPO für die Entscheidung über den Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung zuständig, weil die Bezirke der am Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte zu den Zuständigkeitsbereichen unterschiedlicher Oberlandesgerichte gehören und das für sie gemeinschaftliche im Rechtszug zunächst höhere Gericht der BGH ist. An dessen Stelle entscheidet das BayObLG, weil ein bayerisches Gericht zuerst mit der Sache befasst worden ist (§ 9 EGZPO).
II. Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
Die Bestimmung des Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt über den Wortlaut der Vorschrift („verklagt werden sollen“) hinaus auch in Betracht, wenn gegen alle Beklagten bereits eine Klage vor demselben Gericht erhoben worden ist (BGH, Beschl. v. 06.05.2025 - X ARZ 38/25 Rn. 15). Der Verfahrensstand steht einer Zuständigkeitsbestimmung nicht entgegen. Der Rechtsstreit ist beim LG München I noch nicht so weit fortgeschritten, dass dem bestimmenden Gericht eine Auswahl unter den bestimmbaren Gerichten aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit nicht mehr möglich ist.
1. Klage gegen Streitgenossen
Nach dem insoweit allein maßgeblichen Vorbringen des Antragstellers (Klägers) sollen die Antragsgegnerinnen (Beklagten), die ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten haben, als Streitgenossen i.S.d. §§ 59, 60 ZPO in Anspruch genommen werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass sich aus dem Vortrag des Klägers in tatsächlicher Hinsicht nachvollziehbar ableiten lässt, dass die behaupteten Ansprüche in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt; Identität oder Gleichheit des tatsächlichen und rechtlichen Grundes der gegen die Streitgenossen erhobenen Ansprüche ist nicht erforderlich (BGH, Beschl. v. 06.06.2018 - X ARZ 303/18 Rn. 12; BayObLG, Beschl. v. 19.05.2020 - 1 AR 35/20 Rn. 19).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die gegen beide Beklagten gerichteten Ansprüche werden aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleitet, nämlich dem Kauf eines Fahrzeugs bei der Beklagten zu 1), der teilweise durch den mit der Beklagten zu 2) geschlossenen Darlehensvertragsvertrag finanziert wurde. Der Kläger behauptet, fristgerecht einen Widerruf beider verbundener Verträge gemäß § 358 Abs. 1 BGB erklärt zu haben. Zentraler und einheitlicher Streitpunkt ist die Frage, ob beide Verträge wegen des Widerrufs des Klägers rückabzuwickeln sind mit der Folge, dass der Kläger keine Darlehensraten mehr schuldet (Klageantrag 1) und die an die Beklagten geleisteten Zahlungen zu erstatten sind (Klageanträge 2 und 3), wobei der Kläger die Beklagten als Gesamtschuldner in Anspruch nimmt.
2. Kein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand
Streitgegenständlich sind Ansprüche im Zusammenhang mit dem Widerruf eines mit einem Kaufvertrag i.S.v. § 358 BGB verbundenen Verbraucherdarlehensvertrags. Seit Längerem ist unter Land- und Oberlandesgerichten umstritten, ob in dieser Fallkonstellation alle Ansprüche auf Rückabwicklung an demselben Ort zu erfüllen sind.
Der Erfüllungsort i.S.v. § 29 ZPO bestimmt sich grundsätzlich nach materiellem Recht. Für vertragliche Verpflichtungen regelt § 269 BGB den Leistungsort, der dem Erfüllungsort entspricht. Danach hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz bzw. seine Niederlassung hatte. Etwas anderes gilt nur, wenn die Parteien einen anderen Leistungsort vereinbart haben oder wenn sich aus den Umständen, insbesondere der Natur des Schuldverhältnisses, ein abweichender Erfüllungsort ergibt.
Bei gegenseitigen Verträgen besteht im Allgemeinen kein einheitlicher Leistungsort; dieser muss vielmehr für jede Verpflichtung gesondert festgestellt werden. Für die Leistungspflichten nach Rücktritt von einem Kaufvertrag gilt gleichwohl nach herrschender Meinung als einheitlicher Erfüllungsort der sog. Austauschort, d.h. derjenige Ort, an dem sich die Sache vertragsgemäß befindet (BGH, Urt. v. 09.03.1983 - VIII ZR 11/82 Rn. 14; OLG München, Urt. v. 04.10.2018 - 24 U 1279/18 Rn. 7 ff.; Grüneberg in: Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 269 Rn. 14; Schultzky in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 29 Rn. 25.51).
Ob dies auch für die Rückabwicklung nach Widerruf eines Vertrags gilt, ist streitig. Die Sache wird noch komplizierter, wenn wir es, wie hier, mit einem Verbundgeschäft zu tun haben. In dieser Konstellation verbindet der gegen den Darlehensgeber klagende Verbraucher mit seiner negativen Feststellungsklage, dass er aus dem Darlehensverhältnis keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr schuldet, Leistungsanträge auf Rückabwicklung des Darlehensverhältnisses sowie des mit dem Darlehensvertrag verbundenen Vertrags. Indem der Darlehensgeber gemäß § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Kaufvertrag eintritt, ist die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags gemäß § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB ebenfalls nach § 355 Abs. 3 BGB vorzunehmen.
Zu der Frage, ob die für die Rückabwicklung eines Kaufvertrags geltende Auffassung, der einheitliche Erfüllungsort sei dort, wo sich die veräußerte Sache vertragsgemäß befindet, auch für den Fall des Widerrufs eines mit einem Fahrzeugkaufvertrag gemäß § 358 BGB verbundenen Darlehensvertrag gilt, haben sich bei den Oberlandesgerichten zwei Lager herausgebildet. Die Thematik war bereits mehrfach Gegenstand von Anmerkungen in diesem Report (z.B. Rohde, jurisPR-BKR 10/2023 Anm. 2; Müller-Christmann, jurisPR-BKR 12/2023 Anm. 2), so dass es hier mit einer kurzen Zusammenfassung des Streitstands sein Bewenden haben soll.
Nach einer (zahlenmäßig leicht überwiegenden) Auffassung liegt der gemeinsame Erfüllungsort für die beiderseitigen Ansprüche nach dem Widerruf des Verbraucherdarlehens bei einem finanzierten Kaufvertrag am Wohnsitz des Verbrauchers, wenn sich dort auch die mit dem Darlehensvertrag finanzierte Sache befindet (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.02.2023 - 17 U 16/22 Rn. 40 ff.; OLG Braunschweig, Urt. v. 21.06.2021 - 11 U 67/20 Rn. 109 ff.; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.01.2021 - 17 U 492/19 Rn. 47 ff.; OLG Dresden, Urt. v. 05.11.2020 - 8 U 1084/20 Rn. 52 ff.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.08.2020 - 4 U 100/19 Rn. 174; OLG Celle, Urt. v. 22.07.2020 - 3 U 3/20 Rn. 65 ff.). Für diese einen einheitlichen Gerichtsstand bejahende Meinung spricht, dass sie nicht nur im Einklang mit den zur Rückabwicklung eines Kaufvertrags geltenden Grundsätzen steht, sondern dass diese Lösung den mit den Regeln über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen (§§ 355 ff. BGB) verfolgten Schutzzweck verwirklicht (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.02.2023 - 17 U 16/22 Rn. 40, 46). Eine Aufspaltung der Zuständigkeiten läuft dem vom europäischen Verordnungsgeber erkennbar verfolgten Ziel zuwider, die Rechtsdurchsetzung des Verbrauchers nicht nur materiell-rechtlich, sondern auch verfahrensrechtlich zu erleichtern.
Die Gegenansicht (OLG Hamm, Urt. v. 14.08.2023 - 31 U 125/21 Rn. 62 ff. m. Anm. Müller-Christmann, jurisPR-BKR 12/2023 Anm. 2; OLG Braunschweig, Urt. v. 03.05.2022 - 4 U 525/21 Rn. 32; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.11.2021 - 6 U 16/21 Rn. 55; OLG Brandenburg, Urt. v. 21.04.2021 - 4 U 95/20 m. Anm. Müller-Christmann, jurisPR-BKR 4/2022 Anm. 4) gelangt zu unterschiedlichen örtlichen Zuständigkeiten in Bezug auf die verbundenen Verträge. Begründet wird dies mit den Unterschieden zwischen gesetzlichem Rücktritt und Widerruf. Das Rücktrittsrecht sei Folge einer Pflichtverletzung einer Partei, so dass es gerechtfertigt sei, neben dem Anspruch des Verbrauchers auf Rückgabe auch den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises dort zu erfüllen, wo sich der Kaufgegenstand vertragsgemäß befinde, d.h. in der Regel am Wohnsitz des Käufers. Das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers sei hingegen diesem ohne Pflichtverletzung der anderen Seite zugewiesen. Anders als beim Rücktritt, bei dem den Verkäufer neben der Pflicht zur Kaufpreisrückzahlung auch die Pflicht zur Rücknahme der Kaufsache durch Abholung treffe, bestehe beim Widerruf keine Plicht des Darlehensgebers, die finanzierte Kaufsache durch Abholung zurückzunehmen, § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 4 BGB.
Der letztgenannten Auffassung folgt nun das BayObLG, das sich auf eine wenige Wochen zuvor ergangene Entscheidung des X. Zivilsenats des BGH berufen kann (BGH, Beschl. v. 06.05.2025 - X ARZ 38/25). Beide Gerichte lehnen mit eher knapper Begründung eine Übertragbarkeit der Rechtsprechung zum einheitlichen Erfüllungsort für Ansprüche aus der Wandelung eines Kaufvertrags auf die Rückabwicklung nach Widerruf eines Darlehensvertrags ab.
Auch der Umstand, dass der Darlehensgeber mit Ausübung des Widerrufs gemäß § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag eintritt, hat danach auf den Erfüllungsort keinen Einfluss. § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB hat nicht das Ziel, dem Schuldner zusätzliche Ansprüche zu verschaffen. Die Vorschrift dient lediglich dem Zweck, eine bilaterale Abwicklung zwischen Verbraucher und Darlehensgeber zu gewährleisten. Zur Erreichung dieses Ziels bedarf es nicht der Begründung eines anderen oder zusätzlichen Erfüllungsorts.
3. Bestimmung des zuständigen Gerichts
Eine örtliche Zuständigkeit des LG München I für die auf den Widerruf des Darlehensvertrags gestützten Klageanträge ist damit nicht gegeben. Allenfalls für den Klageantrag 1, der nicht nur auf positive, sondern auch auf negative Feststellung gerichtet ist, kommt nach der „Spiegelbildtheorie“ (dazu OLG Saarbrücken, Urt. v. 13.08.2020 - 4 U 100/19 Rn. 118; Roth in: Stein, ZPO, 24. Aufl. 2024, § 256 Rn. 86) am Wohnsitz des Klägers ein besonderer Gerichtsstand nach § 29 ZPO in Betracht. Nach überwiegender Ansicht ist für die negative Feststellungsklage maßgeblich, an welchem Ort die fragliche Leistungspflicht bei Wirksamkeit des Vertrags zu erfüllen wäre (vgl. BayObLG, Beschl. v. 23.06.2025 - 102 AR 43/25 e Rn. 53; Schultzky in: Zöller, ZPO, § 29 Rn. 25.44). Selbst wenn für den Klageantrag 1 beim angerufenen Gericht ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand nach § 29 ZPO gegeben wäre, steht dies einer Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen. Denn diese Regelung stellt darauf ab, dass für „den Rechtsstreit“, mithin für die Klage in ihrem gesamten Umfang ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. Daraus folgt, dass der Prüfung sämtliche prozessuale Ansprüche zugrunde gelegt werden müssen, die Streitgegenstand des jeweiligen Rechtsstreits sind, sofern zwischen ihnen ein Zusammenhang i.S.v. § 60 ZPO oder § 260 ZPO besteht (BGH, Beschl. v. 27.11.2018 - X ARZ 321/18 Rn. 21; BGH, Beschl. v. 24.06.2008 - X ARZ 69/08 Rn. 13; Roth in: Stein, ZPO, 24. Aufl. 2024, § 36 Rn. 50).
Das BayObLG bestimmt als zuständiges Gericht das LG Mönchengladbach. Der Antrag des Klägers auf Bestimmung des LG München I wird insoweit lediglich als Anregung verstanden, denn die Auswahl im Rahmen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO obliegt dem bestimmenden Gericht, das seine Entscheidung nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und der Prozessökonomie trifft, wobei es ein Auswahlermessen hat (BayObLG, Beschl. v. 20.02.2025 - 101 AR 156/24 e Rn. 18). Auszuwählen ist im Regelfall eines der Gerichte, an dem einer der Antragsgegner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Besondere Gründe für eine Bestimmung des LG München I, bei dem keine der beiden Antragsgegnerinnen ansässig ist, als örtlich zuständiges Gericht liegen nicht vor. Unter den verbleibenden beiden in Betracht kommenden Gerichten spricht für die Bestimmung des LG Mönchengladbach, dass die Beklagte zu 2) als Darlehensgeberin gemäß § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB diejenige Vertragspartnerin ist, gegen die die Rechtsfolgen des Widerrufs grundsätzlich geltend zu machen sind (BGH, Beschl. v. 06.05.2025 - X ARZ 38/25 Rn. 41), und der Schwerpunkt in der Argumentation der Parteien auf Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem erklärten Widerruf liegt.


D.
Auswirkungen für die Praxis
Nachdem innerhalb kurzer Zeit zwei höchstrichterliche Entscheidungen zum Erfüllungsort (bzw. Gerichtsstand) in Widerrufsfällen ergangen sind, dürfte die lang umstrittene Frage damit geklärt sein und die Praxis sollte sich darauf einstellen.



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