Auskunftsverlangen des Treugebers in Bezug auf seine Mitgesellschafter - BGH vs. EuGHLeitsatz Ein Auskunftsersuchen des Gesellschafters, das auch dem Ziel dient, die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhen der Mitgesellschafter dazu zu verwenden, diesen Kaufangebote für ihre Anteile zu unterbreiten, stellt keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Missbrauch des Auskunftsrechts dar. Einem solchen Auskunftsbegehren stehen auch nicht die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung entgegen (Festhaltung BGH, Beschl. v. 24.10.2023 - II ZB 3/23 - ZIP 2024, 127 Rn. 11 f.). - A.
Problemstellung Im Zusammenhang mit dem typischen Treuhandmodell bei geschlossenen Fonds hat der Rechtsprechung des BGH nach jeder Treugeber das über einen Auskunftsanspruch geltend machbare Recht, seine unmittelbaren und mittelbaren Mitgesellschafter zu kennen (know your fellow partner). Vor dem Hintergrund der DSGVO ist die recht laxe, weil weitestgehend voraussetzungslose Sichtweise des BGH zu diesem Recht aber wohl doch nicht so einfach wie bislang angenommen. Denn nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten (also die Erfüllung jenes Auskunftsanspruchs) nur dann zulässig, wenn sie durch mindestens eine der dort genannten Bedingungen gerechtfertigt ist. Insbesondere geht es dabei um den Aspekt, ob die Verarbeitung für die Vertragserfüllung oder -anbahnung erforderlich ist, was wiederum insbesondere auf die Unterbreitung von Kaufangeboten an unmittelbare oder mittelbare Mitgesellschafter abzielt. Nun musste der BGH gewissermaßen die eigene Rechtsprechungslinie einem EuGH-Check unterziehen, da der EuGH unlängst ein Urteil zu derartigen Auskunftsansprüchen erlassen hat.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Vorliegend drehte sich der Streit um das typische Treuhandmodell bei geschlossenen Fonds, bei dem sich Investoren mittelbar über einen Treuhandkommanditisten beteiligen. Der klägerische Investor war als sog. Treugeber an zwei solcher Fonds jeweils in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG beteiligt. Die Beteiligung des Klägers an den Fonds erfolgte vermittels der hiesigen Beklagten als Treuhandkommanditistin, mit der der Kläger einen Treuhand- und Servicevertrag abschloss. Die Bestimmungen der Gesellschaftsverträge beider Fonds sollten jeweils für die Treugeber entsprechend gelten. Unter anderem sollten die Treugeber danach von der Beklagten bevollmächtigt werden, deren Mitgliedschaftsrechte im Umfang ihrer Treuhandeinlage selbst auszuüben. 2022 begehrte der Kläger von der Beklagten außergerichtlich ohne Erfolg Auskunft über persönliche Daten sowie Beteiligungshöhen der jeweiligen Mittreugeber. Landgericht und OLG gaben im nachfolgenden Gerichtsverfahren letztlich dem Kläger recht. Das OLG verwarf dabei die Berufung der Beklagten schon als unzulässig. Die gegen die Entscheidung des OLG gerichtete Rechtsbeschwerde der Beklagten blieb nun erfolglos. Der BGH hat die zulässige Rechtsbeschwerde für unbegründet erachtet. Das OLG habe die Berufung der Beklagten zu Recht als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 500 Euro nicht übersteigt und ihr den Zugang zur Rechtsmittelinstanz mithin nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert. Da die Berufung nicht zugelassen wurde, sei eben hierauf abzustellen, wobei es in Bezug auf den Wert des Beschwerdegegenstands auf das Abwehrinteresse der Beklagten ankommt, welcher letztlich unterhalb der maßgeblichen Grenze liegt. Bei Personengesellschaften gebe es nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung das mitgliedschaftliche Recht eines jeden Gesellschafters, seine Mitgesellschafter zu kennen. Ein hierauf gegen jeden Mitgesellschafter richtbares Auskunftsrecht werde nur durch § 242 BGB (unzulässige Rechtsausübung) und § 226 BGB (Schikaneverbot) begrenzt. Für Treugeber als mittelbare Gesellschafter gelte dies entsprechend. Jeder Gesellschafter einer Personengesellschaft müsse letztlich damit rechnen, dass neben seinen personenbezogenen Daten auch seine Beteiligungshöhe an seine Mitgesellschafter bzw. diesen gleichgestellten Mittreugebern mitgeteilt wird. Die Willensbildung entspreche dem Mitgliedschaftsrecht, ein Recht auf Anonymität eines Gesellschafters gebe es dagegen in einer Personengesellschaft gerade nicht. Verlange ein Gesellschafter Auskunft auch zu dem Zweck, die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe der Mitgesellschafter dazu zu verwenden, diesen Kaufangebote für ihre Anteile zu unterbreiten, stellt dies nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nach keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Missbrauch des Auskunftsrechts dar. Dabei sei es dem jeweiligen Gesellschafter überlassen, wie er seinen Auskunftsanspruch durchsetzt, auf nur mittelbare Erkenntnisquellen (z.B. Internetforen, Medien, Datentreuhänder) müsse er sich aber jedenfalls nicht verweisen lassen. Auch würden Mitgesellschafter durch Kaufangebote nicht erheblich belästigt. Durch die Neufassung des § 166 Abs. 1 Satz 2 HGB im Zuge des MoPeG habe sich der Gesetzgeber letztlich auch dieser Sichtweise der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeschlossen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH stehe auch im Einklang mit der jüngsten EuGH-Rechtsprechung (EuGH, Urt. v. 12.09.2024 - C-17/22, C-18/22 - NJW 2024, 3637). Insoweit sei bereits fraglich, ob die relevanten Sachverhalte miteinander vergleichbar sind, so dass sich entsprechende Folgerungen hieraus für den vorliegenden Fall ergeben könnten. Dort nämlich sei (anders als vorliegend) vertraglich die Weitergabe von personenbezogenen Daten betreffend die mittelbaren Gesellschafter an andere Gesellschafter untersagt gewesen. Zudem könne nicht erblickt werden, welche vertraglichen Rechte den Treugebern dort eingeräumt waren.
- C.
Kontext der Entscheidung Der Fall wirft auf den ersten Blick Fragen auf: Warum hat der BGH seine frühere Rechtsprechung (BGH, Beschl. v. 24.10.2023 - II ZB 3/23 - NZG 2024, 249 m. Anm. Hippeli, jurisPR-HaGesR 1/2024 Anm. 3) nun eigentlich noch einmal bestätigt? Schon in jener Entscheidung hatte der BGH wiederholt, dass ein Treugeber gegen die Gesellschaft und die Treuhandkommanditistin einen Anspruch darauf hat, dass ihm die Namen und die Anschriften der unmittelbaren und mittelbaren Mitgesellschafter mitgeteilt werden, wenn er nach den vertraglichen Bestimmungen, insbesondere der Verzahnung des Gesellschafts- und des Treuhandvertrags, im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft die einem unmittelbaren Gesellschafter entsprechende Rechtsstellung erlangt hat (BGH, Urt. v. 05.02.2013 - II ZR 134/11 - NJW 2013, 2190, 2192; fortgeführt in BGH, Urt. v. 16.12.2014 - II ZR 277/13 - DStR 2015, 528). Neu war 2023 eigentlich nur der Aspekt des Zwecks der Unterbreitung von Kaufangeboten. Und auch Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b DSGVO (Verarbeitung der personenbezogenen Daten ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen) wurde hier 2023 schon angesprochen und zügig bejaht. Jedoch erachtete das AG München (Beschl. v. 21.12.2021 - 132 C 22992/20) diesen Aspekt als nicht derart unterkomplex wie der BGH und legte dem EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 AEUV insbesondere die Frage vor, „ob sich bei Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b (und Buchst. f) DSGVO ergibt, dass bei einer Publikumspersonengesellschaft schon die Beteiligung an der Gesellschaft als nicht persönlich und nur gering haftender und nicht geschäftsführender Gesellschafter genügt, um berechtigtes Interesse an Auskunft über alle mittelbar über einen Treuhänder beteiligten Gesellschafter, deren Erreichbarkeit und deren Beteiligung an der Publikumspersonengesellschaft zu bejahen und dem Gesellschaftsvertrag eine entsprechende vertragliche Verpflichtung zu entnehmen“. Hierzu hat der EuGH (stark verkürzt) geantwortet, dass die Verarbeitung der personenbezogenen Daten Dritter insoweit dann erforderlich ist, wenn „diese Verarbeitung objektiv unerlässlich ist, um einen Zweck zu verwirklichen, der notwendiger Bestandteil der für dieselben Gesellschafter bestimmten Vertragsleistung ist, so dass der Hauptgegenstand des Vertrags ohne diese Verarbeitung nicht erfüllt werden könnte. Dies ist nicht der Fall, wenn dieser Vertrag die Weitergabe dieser personenbezogenen Daten an andere Anteilseigner ausdrücklich ausschließt“ (EuGH, Urt. v. 12.09.2024 - C-17/22, C-18/22 - NJW 2024, 3637, 3642). Der BGH hat sich nun recht pfiffig um eine Umsetzung des EuGH-Urteils herumgewunden, um seine ständige Rechtsprechung zu Auskunftsansprüchen von Treugebern aufrechterhalten zu können. Wenn niemand wisse, ob im Ausgangsfall zum EuGH-Urteil eine vertragliche Gleichstellung von unmittelbaren und mittelbaren Gesellschaftern gegeben ist, dann könne aus dem EuGH-Urteil letztlich auch nicht wirklich etwas Verbindliches mit Blick auf das typische Treuhandmodell bei geschlossenen Fonds abgeleitet werden. Das dürfte eine geschickte Augenwischerei darstellen. Denn es steht zu vermuten, dass auch die Münchener Konstellation mit der hiesigen Konstellation identisch ist, zu eingefahren ist schließlich jenes Modell. Somit musste sich der BGH dann gar nicht mehr der Frage zuwenden, ob etwa für Zwecke der Unterbreitung eines Kaufangebots wirklich die Erforderlichkeit für die Verarbeitung personenbezogener Daten etwa der Mittreugeber oder unmittelbarer Gesellschafter besteht. Dem EuGH nach sind jedenfalls deutliche Zweifel daran angebracht. Denn natürlich ließe sich ein Kaufangebot an unmittelbare und mittelbare Mitgesellschafter ja auch anders unterbreiten als durch eine direkte Kontaktaufnahme nach Erhalt der personenbezogenen Daten infolge der Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs. Zu denken wäre beispielsweise an die anonyme Unterbreitung in einem Internetforum (welches bereits ex ante im Vertragswerk namhaft gemacht wird) oder vermittels der Weiterleitung durch die Treuhandkommanditistin. Dann wäre die Verarbeitung von personenbezogenen Daten in Form der Herausgabe an beanspruchende Treugeber wohl nicht wirklich erforderlich.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Die bisherige BGH-Rechtsprechung zu Auskunftsansprüchen des Treugebers bleibt erst einmal aufrechterhalten. Aber so wie die Dinge liegen, ist damit zu rechnen, dass der Streit zwischen BGH und EuGH in die nächste Runde geht und die Rechtsprechungslinie des BGH über kurz oder lang vor dem Hintergrund des europäischen Datenschutzrechts kippen wird.
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