Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
in der vergangenen Woche hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG eingereicht. Gegenstand ist der Einsatz einer Data-Mining-Software durch die bayerische Polizei – konkret das Programm „VeRA“ (verfahrensübergreifende Recherche und Analyse), das auf der „Gotham“-Plattform des US-Unternehmens Palantir basiert.
Diese Software ermöglicht es der Polizei, verschiedene interne Datenbanken zu verknüpfen und zentral auszuwerten. Zwar greift VeRA ausschließlich auf bereits erhobene und gespeicherte Daten zu, doch diese enthalten auch Informationen über Opfer, Zeuginnen oder unbeteiligte Personen. Kritiker sehen hierin – neben unklaren Rechtsgrundlagen und fehlenden Schutzmechanismen gegen Fehlinterpretationen – einen unzulässigen Eingriff in die Grundrechte. Bereits 2023 hatte das BVerfG einer ähnlichen Beschwerde teilweise stattgegeben und klare rechtliche Grenzen für den Einsatz solcher Systeme formuliert (BVerfG, Urt. v. 16.02.2023 - 1 BvR 1547/19). Besonders umstritten ist darüber hinaus der Hersteller Palantir selbst – nicht zuletzt aufgrund der engen Verbindungen seines Mitgründers Peter Thiel zum US-Präsidenten Donald Trump.
Der Einsatz von Palantir-Software ist somit politisch wie rechtlich hochumstritten. Während Befürworter auf das Potenzial zur effektiveren Gefahrenabwehr und Kriminalitätsprävention verweisen, warnen Kritiker vor einem grundrechtswidrigen Einsatz. Wie das BVerfG in diesem Fall und einem weiteren Verfahren gegen den Einsatz vergleichbarer Software in Nordrhein-Westfalen entscheiden wird, bleibt abzuwarten.
In dieser Ausgabe des PraxisReports befasst sich zunächst Matthias Wenn mit der Bestimmung von Regellöschfristen bei Geschäftsbetrieben mit massenhafter Datenauswertung (OLG Stuttgart, Beschl. v. 04.04.2025 - 9 U 141/24) (Anm. 2).
Anschließend erwartet Sie ein Beitrag von Jens Ferner zu urheberrechtlichen Ansprüchen bei unverhältnismäßiger Vergütung infolge der Verwertung eines Portraitfotos zu großflächigen Werbezwecken (BGH, Urt. v. 18.06.2025 - I ZR 82/24) (Anm. 3).
Sodann ist Philipp Arnold mit einer Anmerkung zu den Anforderungen an die Darlegung eines Datenkontrollverlustes im Rahmen des Art. 82 DSGVO vertreten (OLG Braunschweig, Urt. v. 05.06.2025 - 2 U 71/24) (Anm. 4).
Piotr Maluszczak bespricht ein Urteil des BFH zur Rechtmäßigkeit einer Verweigerung einer Auskunft nach Art. 15 DSGVO aufgrund unverhältnismäßigen Aufwands (BFH, Urt. v. 14.01.2025 - IX R 25/22) (Anm. 5).
Zuletzt beschäftigt sich Constantin Beier mit einem Urteil des OLG Hamm zur Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen mit heimlich aufgestellter Videokamera (OLG Hamm, Beschl. v. 18.03.2025 - III-4 ORs 24/25) (Anm. 6).
Ich wünsche Ihnen eine unterhaltsame Lektüre!
Ihr Prof. Dr. Dirk Heckmann