Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Inhaltlich betrifft die Entscheidung die Klage zweier deutscher Touristinnen, die eine Sesselliftfahrt in Österreich angetreten haben. Die Betreiberin, hier die Beklagte, hatte zuvor aufgrund stärker werdenden Windes beschlossen, die Bahn leerzufahren und den Betrieb vorläufig einzustellen. Infolge einer plötzlichen Wetterverschlechterung kam es zu einem unerwarteten Stillstand, gefolgt von seitlichen Pendel- und Schaukelbewegungen des Sessels. Der Betrieb der Bahn konnte sodann nur im Stop-and-Go-Modus fortgesetzt werden.
Die Klägerinnen befanden sich zum maßgeblichen Zeitpunkt zwischen der letzten Seilbahnstütze und der Bergstation, wo es erneut zu einem Stopp kam, nachdem aufgrund eines heftigen Windstoßes ein sog. „Zwilling“ auftrat, bei dem zwei Sessel einander zu nahe gekommen waren. Innerhalb der Station bildete sich indes an einigen Seilbahnbestandteilen Blitzeis, was zunächst entfernt werden musste, um den „Zwilling“ lösen zu können. Dies führte zu einer etwa einstündigen Betriebsunterbrechung. Die Klägerinnen mussten unter widrigsten Wetterbedingungen und bei extremen Schaukelbewegungen in der Bahn ausharren und erlitten Erfrierungen sowie darüber hinaus eine posttraumatische Belastungsstörung. Nach ihrer Ankunft in der Bergstation wurden sie in einem warmen Raum untergebracht und versorgt.
Erstinstanzlich begehrten die Liftfahrerinnen Schadensersatz sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Seilbahnbetreiberin für zukünftige, auf dem Liftereignis beruhende Schäden. Dies stützten sie auf die Verletzung beförderungsvertraglicher Schutzpflichten sowie das EKHG.
Zudem begehrt der Drittkläger, Vater der Erst- und Ehemann der Zweitklägerin, die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für die aufgrund des Liftereignisses verursachten vermehrten Unterhaltsleistungen.
Die Beklagte hält dem entgegen, es habe sich um ein unabwendbares Ereignis gehandelt.
Das Erstgericht wies die Klage mangels einer schuldhaften Verletzung von Pflichten aus dem Beförderungsvertrag und eines Unfalls i.S.d. § 1 EKHG ab. Die Berufungsinstanz bestätigte diese Entscheidung und ging ebenfalls davon aus, der Liftbetreiber habe seine vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten eingehalten. Hinsichtlich einer etwaigen Haftung aus § 1 EKHG hat der Spruchkörper – entgegen der Vorinstanz – zwar das Vorliegen eines Unfallereignisses bejaht, jedoch handle es sich um ein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 9 EKHG. Demnach sei weder die Beschaffenheit der Seilbahn selbst fehlerhaft gewesen, noch hätten die Einrichtungen versagt. Zudem hätten die Mitarbeiter der Beklagten die nach den Umständen gebotene Sorgfalt beachtet. Das bloße Pendeln begründe schließlich keine außergewöhnliche Betriebsgefahr.
In der Revision behandelt der OGH zunächst die Frage des anwendbaren Rechts. Die deutschen Klägerinnen hätten die Geltung österreichischen Sachrechts behauptet. Dem sei auch die Beklagte nicht entgegengetreten. Hierin sieht der OGH eine beachtliche Rechtswahl i.S.d. Art. 3 Rom I-VO hinsichtlich der vertraglichen sowie Art. 14 Rom II-VO der deliktischen Haftung.
Sodann bestätigt der OGH die Auffassung der vorangehenden Instanzen, dass eine Verletzung von Schutzpflichten aus dem Beförderungsvertrag nicht vorliege. Zwar stehe grundsätzlich infrage, ob die Seilbahn aufgrund der Wetterprognose überhaupt hätte in Betrieb genommen werden dürfen. Jedoch spreche die abgeschirmte inneralpine Lage sowie die Tatsache, dass die Mitarbeiter Kontrollfahrten durchgeführt und unverzüglich auf das Auftreten stärker werdenden Windes reagiert hätten, dafür, dass eine Inbetriebnahme grundsätzlich stattfinden durfte.
Hinsichtlich der fraglichen Haftung aus § 1 EKHG befasst sich die Revisionsinstanz zunächst mit dem Begriff des Unfalls und stellt klar, dass dieser aufgrund unterschiedlicher Zielsetzungen nicht mit der in AVB privater Unfallversicherungen verwendeten Definition gleichzusetzen sei. So stelle ein Ereignis, welches bewusst und gewollt begonnen und beherrscht wurde, nur dann einen Unfall im Sinne der AVB dar, wenn es dieser Beherrschung durch einen unerwarteten Ablauf entzogen worden sei und sich dann schädigend auf den Versicherten ausgewirkt habe. In diesem Sinne sei das Merkmal der Plötzlichkeit also von einem Moment des Unerwarteten und Unentrinnbaren geprägt.
Demgegenüber erfordere ein Unfall im Sinne des Gefährdungshaftungsrechts ein solches nicht. Vielmehr sei der Begriff hier objektiv zu verstehen und umfasse ein von außen plötzlich einwirkendes schädigendes Ereignis, wobei eine physische Berührung mit dem Fahrzeug (hier der Sesselbahn) nicht erforderlich erscheine. Insofern führt das Revisionsgericht an, die von den Vorinstanzen zitierte Rechtsprechung, mithilfe derer das Nichtvorliegen eines Unfalls im vorliegenden Fall untermauert werden sollte, lasse sich auf den vorliegenden Fall nicht (unmittelbar) übertragen.
Für die Frage, ob es sich um einen Unfall im Sinne des Gefährdungshaftungsrechts handle, sei vielmehr entscheidend, ob hierfür das Einwirken mittels mechanischer Gewalt erforderlich erscheine. An einem solchen Merkmal würde es im vorliegenden Fall fehlen. Diesbezüglich zeige jedoch die bisherige Judikatur des OGH, auf die sich die Richter auch hier berufen, dass ein solches nicht gefordert werden müsse. Dieses Ergebnis stimme zudem mit der in der österreichischen Literatur vertretenen Auffassung sowie der Gesetzesbegründung überein.
Ferner stellt das Gericht fest, dass das nach § 1 EKHG erforderliche Merkmal der Plötzlichkeit vorliege, da es sich bei dem Stillstand der Sesselbahn nicht um eine langandauernde bzw. allmähliche Einwirkung handle.
Entgegen den Behauptungen der Beklagten liege ebenso wenig ein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 9 EKHG vor. Ein solches könne nur angenommen werden, wenn der Fehler weder auf der Beschaffenheit noch auf einem Versagen der Verrichtung beruhe und der Halter sowie die in seinem Betrieb Tätigen jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet hätten. Dabei müsse die Beschaffenheit der Seilbahn nicht in jeder Hinsicht ideal sein. Grundsätzlich genüge die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, obschon bei erkennbarer Gefährlichkeit trotz Vorliegens eben jener die Mangelhaftigkeit nicht auszuschließen sei.
Der OGH beschäftigt sich im Fortgang mit der Frage, ob es sich bei dem in Rede stehenden Ereignis um ein Versagen der Verrichtung handeln könnte. Ein solches lasse sich nur annehmen, wenn nicht die Wirkungen eingetreten seien, die normalerweise mit der Handhabung in Verbindung stünden und deren Eintritt vorausgesetzt werde, oder wenn ein Fahrzeugteil die Funktion, die ihm im Betrieb im Zusammenwirken aller Teile zukomme, nicht oder nicht ordnungsgemäß erfülle. Vorliegend sei der längere Stillstand darauf zurückzuführen, dass die Förderräder vereist waren. Ihre Funktion sei daher nicht mehr gewährleistet gewesen. Selbst wenn die Zonenüberwachung zwar dem Grunde nach noch funktioniert haben sollte, stellt das auf der Bildung von Blitzeis beruhende Einfrieren der Räder, das den langen Stillstand verursacht habe, nach Auffassung des Gerichts ein Versagen der Verrichtung dar. Von daher sei in diesem Umstand kein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 9 EKHG zu sehen. Auf die weiter gehende Frage, ob die Seilbahnbetreiberin die erforderliche Sorgfalt eingehalten habe oder außergewöhnliche Umstände vorgelegen hätten, komme es mithin nicht mehr an.
Aus diesen Gründen hat der OGH dem Begehren der Klägerinnen stattgegeben, so dass das Verfahren hinsichtlich der Anspruchshöhe sowie in Bezug auf den Drittkläger vom Erstgericht weiterzuführen sei.
Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung des OGH vermag im Ergebnis zu überzeugen.
Die Revisionsinstanz geht zunächst auf die Frage des Sachrechts ein. Der OGH bejaht zwar im Ergebnis zutreffend die Anwendbarkeit österreichischen Rechts, begründet dies jedoch mit einer dahin gehenden konkludenten Rechtswahl der Prozessbeteiligten i.S.d. Art. 3 Rom I-VO bzw. Art. 14 Rom II-VO.
Diese Auffassung stützt das Gericht indes allein darauf, dass die Klägerinnen dessen Geltung behauptet und die Beklagte nicht widersprochen haben. Ob hierin bereits eine beachtliche Rechtswahl gesehen werden kann, erweist sich als fraglich. Zwar ist eine solche nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent möglich, allerdings verlangt eine stillschweigende Rechtswahl, dass die konkreten Umstände „eindeutig“ den Schluss auf eine solche Vereinbarung ergeben (Staudinger in: Hk-BGB, 12. Aufl. 2024, Art. 3 Rom I-VO Rn. 3).
Die Behauptung der Klägerinnen könnte hier ebenfalls dahin gehend gedeutet werden, sie seien lediglich von einer solchen Anwendbarkeit ausgegangen, nicht hingegen, dass sie ein dahin gehendes Rechtswahlbewusstsein hatten.
Darüber hinaus geht das Gericht nicht auf die Tatsache ein, dass die Kläger als Verbraucherinnen, die Beklagte hingegen als Unternehmerin tätig geworden sind. Ebenso wenig befasst sich der OGH mit der Qualifikation des Vertrages. So könnte es im Anlassstreit um vorrangig zu prüfende Sonderkollisionsnormen wie die Art. 5 und 6 Rom I-VO gehen, die daraufhin zu untersuchen sind, ob und inwieweit diese überhaupt eine konkludente Rechtswahl nach den Art. 5 Abs. 2 Satz 3 und 6 Abs. 2, 3 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO ermöglichen.
Die Revisionsinstanz stellt jedenfalls zutreffend fest, dass es sich um einen Beförderungsvertrag handelt. Ungeachtet der Tatsache, dass hier eine B2C-Konstellation vorliegt, weisen die Eingangsformulierung von Art. 6 Abs. 1 sowie Abs. 4 Buchst. b Rom I-VO darauf hin, dass die Anknüpfung von Personenbeförderungsverträgen selbst bei Beteiligung von Verbrauchern als Kunden dem Art. 5 Abs. 2 Rom I-VO unterfällt. Gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO ist für einen Vertrag über den Transport von Personen bei objektiver Anknüpfung das Recht des Staates maßgeblich, in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Allerdings gilt dies nur, sofern sich in diesem Land zudem der Abgangs- oder Bestimmungsort befindet. Die Klägerinnen haben ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland. Für den Abgangsort ist jedoch der Ort des Beginns der Beförderung entscheidend, welcher hier in Österreich liegt. Befinden sich der Abgangs- und der gewöhnliche Aufenthaltsort des Beförderten nicht im selben Staat, ist kraft Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO das Recht desjenigen Staates einschlägig, in dem der Beförderer seinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. Art. 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Rom I-VO hat. Wählbar ist jedenfalls nach Art. 5 Abs. 2 Satz 3 Rom I-VO österreichisches Recht für den Beförderungsvertrag. Dies ergibt sich aus dem abschließenden Katalog nach Art. 5 Abs. 2 Satz 3 Buchst. b bis c Rom I-VO. Durch die Inbezugnahme in Art. 5 Abs. 2 Satz 3 Rom I-VO auf den Art. 3 Rom I-VO in toto ist ebenfalls eine stillschweigende Rechtswahl nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO denkbar. Im Ergebnis kann es somit aber dahinstehen, ob die Parteien ein hinreichendes Rechtswahlbewusstsein hatten. Denn österreichisches Recht wäre jedenfalls subsidiär kraft objektiver Anknüpfung nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO als Sachnormverweis kraft Art. 20 Rom I-VO zur Anwendung gelangt.
Entsprechendes gilt für das Deliktsstatut. So kann erneut offenbleiben, ob die Parteien tatsächlich nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a und Satz 2 Rom II-VO österreichisches Deliktsrecht konkludent gewählt haben. Denn ebenso kraft objektiver und akzessorischer Anknüpfung folgt die Geltung dieses Rechts als Sachnormverweis aus den Art. 4 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2, 24 Rom II-VO.
Hinsichtlich der Prozessführungsbefugnis der minderjährigen Klägerin stellt der OGH ferner fest, dass es nach dem insoweit anzuwendenden deutschen Recht keiner pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfe. Aus deutsch-österreichischer Perspektive ist im Ausgangspunkt insoweit allerdings Art. 15 Abs. 1 KSÜ einschlägig, wonach die zuständigen Behörden bei Maßnahmen zum Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes das Recht ihres eigenen Vertragsstaates anwenden. Sofern hiernach österreichisches Recht gelten sollte, erfordert § 167 Abs. 3 österreichisches AGBG für die von einem Minderjährigen angestrebte Erhebung einer Klage vor den österreichischen Gerichten an sich eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung (beachte insoweit OLG Köln, Beschl. v. 23.03.2021 - 21 UF 8/21 m. Anm. Wittrock, DAR 2021, 563). Voraussetzung hierbei ist, dass das Rechtsgeschäft im Interesse des Minderjährigen liegt und somit seinem Wohl entspricht.
Eine abweichende Beurteilung mag sich aus Art. 15 Abs. 2 KSÜ ergeben. So kann das Recht eines anderen Staates angewendet oder berücksichtigt werden, zu dem der Sachverhalt eine enge Verbindung aufweist, sofern der Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes dies erfordert. Sollte kraft dieser Ausnahmeregel deutsches Recht Geltung erlangen, besteht in der Tat keine Genehmigungsbedürftigkeit für eine Prozessführung, da den Eltern gemäß § 1629 Abs. 1 BGB eine umfassende Vertretung im Rahmen der Sorgerechtsausübung selbst für den Fall der Erhebung einer Schadensersatzklage zukommt. Der OGH muss mithin unausgesprochen über Art. 15 Abs. 2 KSÜ im Interesse eines effektiven und umfassenden Schutzes des Kindeswohls von der Maßgeblichkeit dieser Rechtslage ausgegangen sein.
Im Fortgang befasst sich der OGH mit der Frage, ob die Beklagte eine schuldhafte Verletzung von Schutzpflichten aus dem Beförderungsvertrag begangen hat. Eine solche sei anzunehmen, wenn die Beklagte die Bahn aufgrund der Wettervorhersage überhaupt nicht hätte in Betrieb nehmen dürfen. Der OGH teilt dabei die Auffassung der Vorinstanzen, der Beklagten sei keine Verletzung beförderungsvertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten anzulasten. Dies liege darin begründet, dass sich der Unfallort in abgeschirmter, inneralpiner Lage befunden habe. Zudem hätten die Mitarbeiter der Beklagten regelmäßige Kontrollfahrten durchgeführt und auf das Auftreten stärker werdenden Windes unverzüglich reagiert, indem sie das Leerfahren der Bahn angeordnet hätten. Überdies sei eine funktionierende Windwarneinrichtung vorhanden gewesen.
Hiergegen mag man einwenden, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung bereits zu dem Zeitpunkt hätte in Betracht gezogen werden können, in dem die Beklagte die Nutzung der Bahn für die Klägerinnen zur Verfügung gestellt hatte, obgleich sie sich der Wettervorhersage bewusst war. Jedoch steht diesem Einwand entgegen, dass die Inbetriebnahme der Sesselbahn nicht nur im Interesse des Bahnbetreibers, sondern auch der Nutzenden liegt. So erwarten Personen, die einen inneralpin gelegenen Ort aufsuchen, grundsätzlich, dass vorhandene Bahnen und Lifte zur Verfügung stehen. Gerade im Winter sind verstärkte Winde nicht ungewöhnlich, ohne dass sich hieraus direkt die Pflicht zur Stilllegung der Bahn ergeben muss.
Da es ebenso im Interesse der Klägerinnen lag, die Sesselbahn für ihre geplanten Wintersportaktivitäten zu nutzen, erschiene es hier unbillig, der Bahnbetreiberin ein alleiniges Verschulden aufzuerlegen. Vielmehr mussten sich gleichermaßen die zu befördernden Personen dessen bewusst sein, dass ein ständiges wetterbedingtes Restrisiko nicht auszuschließen ist.
Dies bestätigt der Beschluss des OGH vom 18.10.2022 (4 Ob 164/22d - DAR 2023, 92). Hierin befasst sich das Gericht zwar nicht spezifisch mit den Anforderungen, die an den Betrieb von Liften und Sesselbahnen zu stellen sind, sondern es geht um den Umfang der Verkehrssicherungspflichten eines Liftunternehmers auf einer Skipiste im Allgemeinen. Jedoch lassen sich die im Beschluss zum Ausdruck kommenden Wertungen auf den vorliegenden Fall übertragen. Demnach übernimmt ein Liftunternehmer als Pistenhalter mit Abschluss des Beförderungsvertrages die Pflicht, im unmittelbaren Bereich des von ihm eröffneten Skiverkehrs die körperliche Integrität seiner Vertragspartner mittels nach der Verkehrsauffassung erforderlicher und zumutbarer Maßnahmen zu schützen. Er ist verpflichtet, dort entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, wo dem Skifahrer durch nicht oder schwer erkennbare Hindernisse Gefahren drohen. Die Reichweite der den Pistenhalter treffenden Sicherungspflichten hängt dabei von der jeweiligen örtlichen Situation ab.
Somit ist zunächst darauf abzustellen, was nach der Verkehrsauffassung im konkreten Fall zu erwarten war. Allerdings überwiegt wohl gleichermaßen hier das Interesse der Allgemeinheit, selbst bei nicht optimalen Wetterbedingungen den Skibetrieb in der Hinsicht zu ermöglichen, dass Lifte in Betrieb genommen werden. Zudem sind entsprechende Schutzmaßahmen insbesondere dort zu ergreifen, wo sich etwaige Hindernisse für den Skifahrer nicht oder nur schwer erkennen lassen. Von den konkreten Wetterbedingungen und -vorhersagen hat jedoch zugleich der Skifahrer Kenntnis. Er entscheidet sich gerade dafür, die Piste trotzdem zu befahren, so dass er auch das wetterbedingte Restrisiko in Kauf nimmt. Der OGH kommt in seinem früheren Beschluss zutreffend zu der Feststellung, dass eine vollkommene Verkehrssicherung weder auf Skipisten noch sonst wo zu gewährleisten ist (OGH, Beschl. v. 18.10.2022 - 4 Ob 164/22d - DAR 2023, 92 Rn. 4).
Somit verneint der OGH hier die Verletzung vertraglicher Schutzpflichten, was unter Berücksichtigung der zuvor genannten Gründe im Ergebnis auf Zustimmung stößt.
Sodann bejaht das Gericht – im Gegensatz zur Erstinstanz – zutreffend einen Unfall i.S.d. § 1 EKHG. Im Gefährdungshaftungsrecht wird unter einem Unfall ein von außen her plötzlich einwirkendes schädigendes Ereignis verstanden, wobei eine vorangehende physische Berührung mit dem Fahrzeug nicht erforderlich erscheint (OGH, Beschl. v. 25.10.2022 - 2 Ob 183/22h Rn. 13). Diese Definition unterscheidet sich jedoch in ihrem Aussage- und Bedeutungsgehalt von entsprechenden Formulierungen in den AVB privater Unfallversicherungen. So erfordern diese, dass ein bewusst und gewollt begonnenes Ereignis der Beherrschung durch einen unerwarteten Ablauf entzogen wird und dann schädigend auf den Versicherten einwirkt.
Unterschiede der beiden Definitionen ergeben sich dahin gehend, dass im Gefährdungshaftungsrecht kein Moment des Unerwartbaren und Unentrinnbaren gefordert wird. Vielmehr bestimmt sich der Unfallbegriff hier ausschließlich objektiv.
Legt man die Definition des Gefährdungshaftungsrechts zugrunde, ist für den Ausgangssachverhalt im Ergebnis von einem Unfall auszugehen. Die Bildung von Blitzeis lässt sich als ein von außen her auf die Sesselbahn einwirkendes schädigendes Ereignis begreifen. Dieses ist ebenso wenig durch einen allmählichen, schleichenden Prozess eingetreten, so dass auch das Merkmal der Plötzlichkeit vorliegt. Insbesondere erscheint eine physische Berührung mit der Sesselbahn nicht erforderlich.
Hinsichtlich der weiteren Streitfrage, ob für das Vorliegen eines Unfalls i.S.d. § 1 EKHG die Einwirkung mit mechanischer Gewalt erforderlich ist, zeigt die bisherige österreichische Rechtsprechung, dass es einer solchen nicht bedarf (vgl. OGH, Urt. v. 25.08.1992 - 1 Ob 23/92; OGH, Urt. v. 28.10.1997 - 1 Ob 173/97s; OGH, Urt. v. 09.07.2002 - 2 Ob 75/02x). Insofern kann im vorliegenden Fall nichts anderes gelten. Der Grund liegt darin, dass der Begriff des Unfalls unter Berücksichtigung des Zwecks des Gefährdungshaftungsrechts möglichst weit zu verstehen ist. Denn der Beförderer soll gerade für das besondere Risiko und die spezifischen Gefahren haften, die von der seinerseits eröffneten Gefahrenquelle ausgehen. Um hiermit in Kontakt kommende Personen bestmöglich zu schützen, ist es daher zutreffend, ein Einwirken mittels mechanischer Gewalt nicht zu fordern.
Ob es sich bei dem Ereignis um ein unabwendbares handelt, das zu einem Haftungsausschluss gemäß § 9 EKHG führen könnte, bewerteten die Berufungs- und die Revisionsinstanz unterschiedlich. Der OGH geht im Ergebnis überzeugend vom Versagen der Verrichtung aus.
Hiergegen könnten in der Hinsicht Bedenken aufkommen, dass man unter Zugrundelegung eines natürlichen Sprachgebrauchs unter einem Versagen der Verrichtung in erster Linie technische Defekte versteht (OGH, Beschl. v. 23.02.2017 - 2 Ob 18/16k - RdTW 2018, 289 Rn. 114). Dass an der Seilbahn selbst keine Mängel auftraten, sondern lediglich die Räder aufgrund der Bildung von Blitzeis eingefroren waren, könnte dem also entgegenstehen. Insbesondere verfügte die Bahn über eine funktionierende Zonenüberwachung.
Allerdings weist die Revisionsinstanz zutreffend darauf hin, dass aufgrund solcher Umstände ein Fehler in der Verrichtung nicht zwangsläufig ausgeschlossen sein muss. So kann dieser bereits dann vorliegen, wenn nicht diejenigen Wirkungen eintreten, die normalerweise mit der Handhabung verbunden sind und deren Eintritt vorausgesetzt wird. Gleichzustellen ist die Situation, wenn ein Fahrzeugteil die Funktion, die ihm im Betrieb im Zusammenwirken aller Teile zukommt, nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt. Für ein derartiges weites Verständnis spricht folgende Überlegung: Selbst bei mangelfreien Einzelteilen ist es nämlich nicht ausgeschlossen, dass die Gesamtkonstruktion nicht funktioniert. Demzufolge lässt sich auch dies als Fehler einstufen.
Indem die Förderräder vereist waren, konnten sie also ihre bestimmungsgemäße Funktion nicht mehr erfüllen, wodurch der Lift als Gesamtkonstruktion zum Stehen kam. Hierin liegt ein Versagen der Verrichtung. Zu Recht verweist der OGH darauf, dass es nicht mehr darauf ankommt, ob die Liftbetreiberin und die in ihrem Betrieb Tätigen die erforderliche Sorgfalt beachtet haben, da ein Haftungsausschluss ohnehin nicht in Betracht kommt. Dementsprechend muss nun das Erstgericht das Verfahren in Bezug auf die konkrete Anspruchshöhe sowie im Hinblick auf das Begehren des Drittklägers weiterführen.