Verwendung eines Kraftfahrzeugs bei polizeilicher Zugriffssituation; Auslegung des § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB im Hinblick auf besonders schwere FälleOrientierungssätze zur Anmerkung 1. Ein Kraftfahrzeug kann nicht als Waffe i.S.v. § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB angesehen werden, da es weder von der Zweckbestimmung noch von einem typischen Gebrauch her zur Bekämpfung anderer oder zur Zerstörung von Sachen eingesetzt wird. 2. Ein Kraftfahrzeug erfüllt auch nicht die Voraussetzungen eines gefährlichen Werkzeugs i.S.v. § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB. Denn trotz der von ihm ausgehenden erheblichen Bewegungsenergie ist ein Kraftfahrzeug bei objektiver Betrachtung kein Gegenstand, der dazu bestimmt ist, eine Kraft gegen ein anderes Objekt zu entfalten oder zu verstärken. - A.
Problemstellung Die §§ 113, 114 StGB erfassen Widerstandshandlungen sowie tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte und gehören aufgrund der Häufigkeit ihrer Begehung zu den relevanteren Tatbeständen der strafrechtlichen Praxis. Für die Strafrahmenwahl ist dabei von erheblicher Bedeutung, ob der Täter eine Waffe oder ein sonstiges gefährliches Werkzeug bei sich führt (§ 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB). Für die Strafschärfung genügt dem klaren Wortlaut der Norm nach schon das bloße Beisichführen eines solchen Gegenstands, ohne dass es zu dessen Einsatz kommen muss. Entsprechend kommt der Annahme oder Ablehnung des Tatbestandsmerkmals ein erheblicher Einfluss auf die Strafzumessung zu. In dem von dem BGH entschiedenen Fall (BGH, Beschl. v. 22.05.2025 - 4 StR 74/25) hatte der Täter versucht, sich durch das Rammen von Polizeifahrzeugen und durch Zufahren auf Polizeibeamte den Weg zur Flucht freizumachen. Fraglich war insbesondere, ob das hierbei eingesetzte Kraftfahrzeug als gefährliches Werkzeug i.S.d. § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB anzusehen ist. Die Besonderheit der Konstellation liegt darin, dass ein PKW zwar aufgrund seiner Beschaffenheit erhebliche Verletzungsgefahren birgt, sein sozialtypischer Zweck aber primär der Fortbewegung dient. Der Senat befasst sich in seiner Entscheidung insbesondere mit der Begriffsbestimmung des gefährlichen Werkzeugs und präzisiert die Voraussetzungen, nach denen ein Gegenstand als gefährliches Werkzeug i.S.d. § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB zu definieren ist. Nach Auffassung des BGH sei ein Kraftfahrzeug danach kein gefährliches Werkzeug i.S.d. Norm, da es sich dabei nicht um einen Gegenstand handle, der dazu bestimmt ist, eine Kraft gegen ein anderes Objekt zu entfalten oder zu verstärken. Der Anwendungsbereich der Vorschrift wird durch diese neuerliche Rechtsprechung erheblich eingegrenzt, fallen demnach doch sämtliche Gegenstände heraus, die zwar objektiv erheblich gefährlich sein können, jedoch nicht dazu bestimmt sind, durch Kraftentfaltung auf ein anderes Objekt einzuwirken.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Die Entscheidung des BGH hat den folgenden Inhalt: I. Der Angeklagte wollte sich durch Flucht mit einem PKW der Festnahme durch die Polizei entziehen. Letztere verursachte auf der Fahrbahn bewusst einen künstlichen Stau, wodurch der Angeklagte mit seinem Wagen vorerst zum Anhalten gebracht werden konnte, da sich vor und hinter ihm verschiedene Fahrzeuge befanden. Mehrere Polizeibeamte traten an das Fahrzeug des Angeklagten heran und forderten ihn unter Vorhalt der Dienstwaffe zum Aussteigen auf. Der Angeklagte widersetzte sich jedoch weiterhin der Festnahme und entschied, sich mit dem PKW den Weg „freizurammen.“ Diesem Plan folgend fuhr er zunächst gegen einen vor ihm stehenden PKW und anschließend gegen einen links neben ihm stehenden Streifenwagen. Aufgrund des urplötzlichen Anfahrens mussten sich die umstehenden Polizeibeamten durch einen Sprung nach hinten, zum Teil auch über die Mittelleitplanke, auf die nicht befahrene Gegenfahrbahn in Sicherheit bringen. Der Angeklagte zeigte sich davon unbeeindruckt und versuchte seinen Weg weiter fortzusetzen. Er legte abwechselnd den Rückwärts- und den Vorwärtsgang ein, rammte verschiedene Fahrzeuge und zwang noch weitere Polizeibeamte zum Rettungssprung zur Seite und über die Mittelleitplanke. Dabei kam es ihm nach den Feststellungen des Gerichts fortwährend darauf an, seine Fahrt fortsetzen zu können, was ihm jedoch schlussendlich nicht gelang. An den angefahrenen Streifenwagen entstand ein erheblicher Sachschaden, der PKW des Angeklagten war nicht mehr fahrbereit. II. Das LG Koblenz (Urt. v. 29.10.2024 - 3 KLs 2030 Js 21987/24) würdigte dieses Geschehen neben weiteren Straftaten (§§ 315b Abs. 1 Nr. 3, 305a Abs. 1 Nr. 3, 303 Abs. 1 StGB) u.a. auch als tätlichen Angriff und als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall. Dadurch, dass der Angeklagte gezielt mit seinem Fahrzeug in Richtung der Polizeibeamten gefahren sei und dabei die Streifenwagen verschoben habe, habe er Amtsträger bei einer Diensthandlung tätlich angegriffen und diesen Widerstand geleistet, §§ 113 Abs. 1, 114 Abs. 1 StGB. Die Strafkammer erfasste das Kraftfahrzeug aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und seiner konkreten Verwendungsweise durch den Angeklagten als gefährliches Werkzeug i.S.d. § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB. III. Nach der Entscheidung des BGH sei die Annahme eines besonders schweren Falles des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte bzw. des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte rechtsfehlerhaft gewesen, da der Angeklagte bei der Tat weder eine Waffe noch ein gefährliches Werkzeug bei sich geführt habe: 1. Zunächst unproblematisch stellt der Senat fest, dass es sich bei einem Kraftfahrzeug nicht um eine Waffe handle, da ein solches weder von der Zweckbestimmung noch von seinem typischen Gebrauch her zur Bekämpfung oder zur Zerstörung von Sachen eingesetzt werde. 2. Ein Kraftfahrzeug sei jedoch auch kein gefährliches Werkzeug i.S.d. Norm. Zwar gehe von einem solchen eine „erhebliche Bewegungsenergie“ aus. Bei objektiver Betrachtung sei ein Fahrzeug jedoch kein Gegenstand, der dazu bestimmt sei, „eine Kraft gegen ein anderes Objekt zu entfalten oder zu verstärken“. Es unterscheide sich dadurch von alltäglichen Werkzeugen wie Hämmern oder Schraubendrehern, welche bereits bei bestimmungsgemäßer Verwendung diesen Zweck haben und sich ohne weitreichende Veränderung der vorgesehenen Einsatzform (z.B. Schlagen oder auf einen Punkt konzentrierte Druckausübung) verbotenen Waffen ähnlich gegen Menschen einsetzen lassen. An dieser Einschätzung ändere es nichts, dass sich ein Fahrzeug „unter krasser Pervertierung seines Zwecks als Fortbewegungsmittel“ dazu missbrauchen lasse, Sachen zu zerstören oder Menschen zu verletzen. Eine weiter gehende Auseinandersetzung mit dem Begriff des gefährlichen Werkzeugs findet sich in der Entscheidung nicht. 3. Letztlich ebnet der Senat zukünftigen Tatgerichten den Weg zur Einordnung von Kraftfahrzeugen im Rahmen von Widerstandshandlungen, indem er es als „naheliegend“ bezeichnet, die durch den Angeklagten erfolgte Verwendung eines Kraftfahrzeuges als unbenannten besonders schweren Fall i.S.d. § 113 Abs. 2 Satz 1 StGB zu würdigen. Da dies die Strafkammer jedoch nicht getan habe, könne das Revisionsgericht diese Wertung nicht selbst vornehmen, da die erforderliche Gesamtbetrachtung bei der Annahme oder Ablehnung eines unbenannten besonders schweren Falles durch das Tatgericht zu erfolgen habe. IV. Der festgestellte Rechtsfehler führte im konkreten Fall nicht zur Aufhebung des Urteils, da der Angeklagte hierdurch nicht beschwert worden sei. Zusammengefasst stellt der Senat hierzu fest, dass der Angeklagte sich den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nach nicht nur eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB schuldig gemacht habe, sondern vielmehr eines schweren gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß den §§ 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, 315 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a StGB. Der Strafrahmen hätte nach den Ausführungen des BGH daher zwar nicht dem § 113 Abs. 2 StGB entnommen werden dürfen, dafür aber der Vorschrift des § 315b Abs. 3 Halbsatz 1 StGB, welche einen noch höheren Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe eröffnet. Die rechtsfehlerhafte Annahme des Strafrahmens aus § 113 Abs. 2 StGB sei für den Angeklagten daher günstiger als der nicht angewendete Strafrahmen aus § 315b Abs. 3 Halbsatz 1 StGB. Der Senat schließt daher aus, dass die Strafkammer bei unterbliebener Anwendung des § 113 Abs. 2 StGB eine dem Angeklagten günstigere Einzelfreiheitsstrafe verhängt hätte.
- C.
Kontext der Entscheidung Die Ausführungen des Senats zur Einordnung von Kraftfahrzeugen im Rahmen des § 113 Abs. 2 StGB können bei genauerer Betrachtung nicht überzeugen: I. Dies begründet sich zunächst aus der ständigen Rechtsprechung des BGH zu der Frage, unter welchen Bedingungen ein Kraftfahrzeug als gefährliches Werkzeug i.S.v. § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB zu werten ist. Hierfür müsse die körperliche Misshandlung bereits durch den Anstoß selbst ausgelöst und die Verletzung auf einen unmittelbaren Kontakt zwischen Fahrzeug und Körper zurückzuführen sein. Verletzungen, die erst durch ein anschließendes Sturzgeschehen oder eine Ausweichbewegung des Tatopfers verursacht würden, genügten nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 05.12.2023 - 4 StR 170/23). Dass aber Polizeibeamte im Rahmen von Dienst- bzw. Vollstreckungshandlungen – insbesondere mit dem Ziel, letztere zu verhindern – von Fahrzeugen erfasst und hierdurch erheblich verletzt werden, ist traurige Realität (vgl. etwa OLG Hamm, Urt. v. 20.08.2024 - III-4 ORs 57/24). Noch wesentlich häufiger werden Beamte – beispielsweise zur Verhinderung von Verkehrskontrollen – zumindest konkludent mit einer solchen Folge bedroht, indem Fahrzeugführer auf sie zufahren, um sie zur Freigabe der Fahrbahn zu bewegen. In einem mit wenigstens bedingtem Vorsatz herbeigeführten Erfolgsfall wäre der Täter hiernach wegen gefährlicher Körperverletzung i.S.v. § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 04.11.2014 - 4 StR 200/14) sowie regelmäßig tateinheitlich wegen der §§ 113, 114 StGB zu verurteilen, wobei das Kraftfahrzeug nach der aktuellen Rechtsprechung des 4. Strafsenats jedoch nur i.S.v. § 224 StGB ein gefährliches Werkzeug darstellte, das hierbei für die Körperverletzung sogar verwendet wurde. Gleichzeitig hätte der Täter i.S.d. §§ 113, 114 StGB jedoch kein gefährliches Werkzeug bei sich geführt. Dies erscheint bei systematischer Betrachtung zumindest fragwürdig. II. Auch eine historische sowie teleologische Betrachtung führen zu demselben Ergebnis. So urteilte zufälligerweise ebenfalls der 4. Strafsenat des BGH am 24.07.1975 in einem Fall, in dem ein Fahrzeugführer sein Fahrzeug auf Polizeibeamte zubewegt hatte, um sie erfolgreich zum Ausweichen zu zwingen, dass sich der Fahrzeugführer u.a. wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall nach § 113 Abs. 2 Nr. 1 StGB [a.F.] strafbar gemacht habe. Dabei habe er nicht vorgehabt, die Polizeibeamten anzufahren oder zu überfahren, sondern er habe sie nur durch direktes Zufahren zum Beiseitespringen zwingen wollen. Hierbei qualifizierte er das Fahrzeug als – seinerzeit allein von der Norm umfasste nichttechnische – Waffe, die der Täter bei der Tat verwendet habe, indem er sie zur Drohung mit Gewalt einsetzte (BGH, Urt. v. 24.07.1975 - 4 StR 165/75 - BGHSt 26, 176-182). Diese – zu dem Zeitpunkt ständige – Rechtsprechung stieß jedoch 2008 auf nachvollziehbare Kritik des BVerfG. Dieses führte mit Beschluss vom 01.09.2008 aus, dass die Subsumtion eines Personenkraftwagens unter den Begriff der Waffe gegen das Bestimmtheitsgebot und Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG verstoße. Waffen seien – nach der Rechtsprechung des BGH – körperliche Gegenstände, die nach ihrer objektiven Beschaffenheit und ihrem Zustand zur Zeit der Tat bei bestimmungsgemäßer Verwendung geeignet sind, erhebliche Verletzungen zuzufügen. Gegenstände, die nicht bei bestimmungsgemäßem Gebrauch, wohl aber nach ihrer objektiven Beschaffenheit und der Art ihrer Benutzung im Einzelfall geeignet sind, erhebliche Verletzungen zuzufügen, würden dagegen in Rechtsprechung und Schrifttum dem Begriff des „gefährlichen Werkzeugs“ zugeordnet. Dass nur das Mitführen von Waffen, nicht aber auch das Mitführen von gefährlichen Werkzeugen als Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte aufgenommen worden sei, sei eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gewesen. Im Falle des § 113 Abs. 2 StGB [a.F.] könne teleologischen Überlegungen zudem grundsätzlich dadurch Rechnung getragen werden, dass das Beisichführen gefährlicher Werkzeuge [in Verwendungsabsicht] als unbenannter „besonders schwerer Fall“ i.S.d. Gesetzes gewertet werde. Würden Einzelfälle infolge des Bestimmtheitsgebots aus dem Anwendungsbereich eines Strafgesetzes herausfallen, sei es Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob er die Strafbarkeitslücke bestehen lassen oder durch eine neue Regelung schließen will (vgl. insgesamt BVerfG, Stattgebender Kammerbeschl. v. 01.09.2008 - 2 BvR 2238/07 - BVerfGK 14, 177-187). III. Dies nahm der Gesetzgeber – unter ausdrücklichem Aufgreifen der vorgehend dargestellten Entscheidung des 4. Strafsenats vom 24.07.1975 betreffend einen PKW – zum Anlass, den Straftatbestand des § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB mit Wirkung ab dem 05.11.2011 um das Beisichführen eines anderen gefährlichen Werkzeugs zu ergänzen: „Auf die Rechtsprechung des BVerfG soll mit der Ergänzung von § 113 Absatz 2 StGB um ‚andere gefährliche Werkzeuge‘ reagiert werden“ ( BT-Drs. 17/4143, S. 6). Zwar käme eine Lösung über die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falls grundsätzlich in Betracht. Die Ergänzung sei gleichwohl sachgerecht. Der (beabsichtigte) Einsatz von gefährlichen Werkzeugen, d.h. von Gegenständen, die nach Art ihrer Verwendung im konkreten Fall geeignet sind, erhebliche Verletzungen herbeizuführen, sei ähnlich strafwürdig wie das bereits erfasste Verhalten. Erstrebt sei zudem eine Anpassung an andere vergleichbare Vorschriften des StGB, in denen gefährliche Werkzeuge den Waffen gleichgestellt werden, wie u.a. § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ( BT-Drs. 17/4143, S. 6). IV. Die hiernach ausdrücklich gerade auch auf die Erfassung von Personenkraftwagen ausgerichtete Anpassung von § 113 StGB mit Wirkung ab dem 05.11.2011 diente vor allem der Erhöhung des Schutzes von Polizeibeamten, die zunehmend Opfer von Angriffen auf Leib, Gesundheit oder Leben würden ( BT-Drs. 17/4143, S. 6). Unter anderem mit derselben Zielrichtung wurden die §§ 113 ff. StGB mit Wirkung ab dem 30.05.2017 in die heute geltende Fassung geändert. Hierfür sollten die Regelbeispiele des § 113 Abs. 2 StGB u.a. durch die Streichung des Erfordernisses einer Verwendungsabsicht in § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB „erweitert“ werden, um dem erhöhten Gefährdungspotential für das Opfer angemessen Rechnung zu tragen ( BT-Drs. 18/11547, S. 1). Eine nun dem erklärten gesetzgeberischen Willen entgegenlaufende Rechtsprechung, nach der das Kraftfahrzeug von § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB nicht mehr umfasst sein solle, verträgt sich hiermit nicht. Dass just am 22.05.2025 nach massiver Gewalt gegen Einsatzkräfte im Rahmen einer Demonstration in Berlin im Deutschen Bundestag eine Aktuelle Stunde unter der Überschrift „Freiheitlichen Rechtsstaat schützen – Gewalt gegen Sicherheitskräfte konsequent entgegentreten“ stattfand ( BT-Plenarprotokoll 21/7, S. 527B-539D), mutet nach alledem fast schon ironisch an.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Dass der BGH den Begriff des gefährlichen Werkzeuges trennschärfer bestimmen und eingrenzen möchte, ist noch nachvollziehbar. Genügt für die Erfüllung des § 113 Abs. 2 Nr. 1 StGB nämlich bereits ein Beisichführen, so ist verständlich, dass das Gericht eine einschränkende Auslegung vornimmt, da prinzipiell jeglicher Gegenstand nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Verwendung bestimmt und geeignet sein kann, bei einer anderen Person erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Ohne jegliche Einschränkung würde sich beispielsweise jeder Widerstandstäter, der bei der Tat Schuhe oder einen Gürtel trägt und diese folglich bei sich führt, nach § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB strafbar machen, da mit Schuhen und Gürteln bei konkreter Verwendung gegen eine andere Person erheblichere Verletzungen zugefügt werden können als mit bloßen Händen oder Füßen: Schuhe können – der ständigen Rechtsprechung zu § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB folgend – die objektive Gefährlichkeit eines Trittes erhöhen, ein Gürtel kann beispielsweise als Schlag- oder Strangulationsinstrument eingesetzt werden. Dieses Ergebnis kann aber weder dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, noch würde dies die Anwendung des erhöhten Strafrahmens des § 113 Abs. 2 StGB verhältnismäßig erscheinen lassen. Die vorliegende Entscheidung des BGH überzeugt jedoch aus den dargelegten Gründen nicht. Die vorgenommene Einschränkung wirkt willkürlich, widerspricht dem Willen des Gesetzgebers und kann auch bei systematischer Auslegung nicht überzeugen. Sollte sich die Auffassung des Senats durchsetzen, dürfte dies in der Rechtsprechungspraxis für kuriose und dogmatisch wenig sinnvolle Entscheidungen sorgen: Ein Täter, der einen Schraubendreher in der Hosentasche hat, wäre demnach nach § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB zu bestrafen, weil ein Schraubendreher – so der Senat ausdrücklich – für eine „auf einen Punkt konzentrierte Druckausübung“ vorgesehen ist. Hält der Täter hingegen einen schweren Ziegelstein in der Hand und bedroht damit die Polizeibeamten, käme allenfalls die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falles in Betracht, weil ein solcher Stein eben nicht dazu bestimmt ist, eine Kraft gegen ein anderes Objekt zu entfalten oder zu verstärken (dazu ebenfalls krit. Kudlich, JA 2025, 872). Im Ergebnis wäre eine andere einschränkende Auslegung bei umfangreicherer Argumentation überzeugender gewesen. Gerade aufgrund des regelmäßig tateinheitlichen Zusammentreffens von Delikten nach den §§ 113 ff. und 223 ff. StGB bei konkretem Einsatz von Gegenständen böte es sich an, der Gesetzesbegründung folgend auf die Art der Verwendung im konkreten Fall bzw. deren Eignung, erhebliche Verletzungen herbeizuführen, abzustellen. Werden objektiv ungefährliche Alltagsgegenstände hingegen lediglich mitgeführt und auch nicht als Drohmittel i.S.d. § 113 StGB verwendet, schiede eine Subsumtion unter § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB dann im Rahmen des subjektiven Tatbestandes aus, weil dem Täter nicht unterstellt werden kann, sich jede möglicherweise in Betracht kommende Pervertierung des Gegenstandes auch vorgestellt zu haben. Bei einem solchen Begriffsverständnis wäre jedenfalls – dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers folgend – ein PKW, welcher als Drohmittel eingesetzt wird, von der Norm erfasst.
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