Schon seit Inkrafttreten des AsylbLG im November 1993, konzipiert als Gesetz zum Mindestunterhalt für Asylbewerber und bestimmte andere ausländische Staatsangehörige, spiegeln sich jeweils aktuelle, gesamtgesellschaftlich und politisch kontrovers diskutierte Fragen der Aufnahme und Versorgung Geflüchteter in der Bundesrepublik in zum Teil sehr schnellen politischen Entscheidungen und Gesetzesänderungen wider. Im Jahr 2024 sind u.a. mit der Einführung der Bezahlkarte und dem Leistungsausschluss Geflüchteter, für die das sog. Dublin-III-Verfahren gilt, weitere Änderungen des AsylbLG in Kraft getreten, die der ersten des Jahres 2024, der Verlängerung der sog. Wartefrist für den Bezug von Analogleistungen nach § 2 AsylbLG von bislang 18 auf 36 Monate, zeitlich eng folgen. Diese sollen im folgenden Beitrag dargestellt werden.
I. Gesetz zur Anpassung von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht
Mit dem Gesetz zur Anpassung der Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht (DÜV-AnpassG) vom 08.05.2024 wurden mit Wirkung vom 16.05.2024 § 2 Abs. 2 AsylbLG, § 3 Abs. 2, 3 und 5 AsylbLG sowie § 11 Abs. 2 AsylbLG jeweils um das Wort „Bezahlkarte“ ergänzt. Zudem wurde § 3 Abs. 3 AsylbLG um die Möglichkeit erweitert, den Bedarf für Unterkunft und Heizung als Direktzahlung in entsprechender Anwendung des § 35a Abs. 3 SGB XII an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu erbringen. Aufgegeben wurde in § 3 Abs. 5 AsylbLG die Verpflichtung, Leistungen persönlich auszuhändigen. Der ursprüngliche Gesetzentwurf, der keine Regelungen zum AsylbLG beinhaltete, wurde erst durch die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Heimat vom 10.04.2024 (BT-Drs. 20/11006) um die Rechtsänderungen im AsylbLG ergänzt und diente insoweit als „Omnibus“. Inhaltlich waren die nunmehr Gesetz gewordenen Änderungsvorschläge bereits in dem von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur rechtssicheren Einführung einer Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsgesetz (BT-Drs. 20/10722) vorgezeichnet.
Hintergrund der Einführung der Bezahlkarte ist eine Verständigung der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder vom 13.10.2023, die Bundesregierung aufzufordern, „in enger Abstimmung mit den Ländern zeitnah die Voraussetzungen zur Einführung einer bundesweit einheitlichen Bezahlkarte zu schaffen und dabei die Umsetzbarkeit in den Kommunen sicherzustellen“. Die entsprechende Einigung zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten kam am 06.11.2023 zustande – das weitere Verfahren zur praktischen bundesweiten Einführung gestaltete und gestaltet sich noch immer föderal-disparat (vgl. nur https://netzpolitik.org/2024/bezahlkarten-die-probleme-hoeren-nicht-mit-der-vergabe-auf/#netzpolitik-pw, zuletzt abgerufen am 05.11.2024). Als technischer Dienstleister erhielt die Fa. Secupay mit ihrem an das Mastercard-Verfahren angelegten Konzept den Zuschlag (https://secupay.com/unternehmen/pressecenter/presseberichte/pressemitteilungen/zuschlag-bezahlkarte-fur-gefluchtete-geht-an-socialcard, zuletzt abgerufen am 05.11.2024). Mit der Einführung der Bezahlkarte sollen Einreise- und Bleibeanreize nach bzw. in Deutschland verringert werden (BT-Drs. 20/8729; BT-Plenarprotokoll 20/128, S. 16011C-16022D). Zudem soll die Möglichkeit unterbunden werden, Geld, das zur Sicherung der Existenz in Deutschland gezahlt wird, in die Herkunftsländer zu überweisen. Über solche Rück- bzw. Heimatüberweisungen liegen allerdings keine Daten vor (BT-Drs. 20/10292, S. 34).
II. Zu den (fehlenden) Änderungen im Einzelnen
1. Begriff der Bezahlkarte
Eine Legaldefinition der Bezahlkarte ist nicht Gegenstand der gesetzlichen Änderungen. Der Begründung des Ausschusses in der Beschlussempfehlung lässt sich allerdings entnehmen, dass darunter eine guthabenbasierte Karte mit Debitfunktion (ohne Kontobindung) zu verstehen ist, die als Bargeldsurrogat dienen und eine elektronische Bezahlung in Geschäften und bei Dienstleistern ermöglichen soll. Soweit die Bezahlkarte eine Bargeldabhebefunktion habe, stelle der abhebbare Betrag eine Geldleistung dar (BT-Drs. 20/11006). Die nunmehr eingeführte „social-card“ enthält diese Bargeldabhebefunktion; allerdings fallen dafür je Abbuchung vom Bankautomaten 2 Euro Gebühren an (vgl. die aktuelle Kartennutzervereinbarung unter https://www.socialcard.de unter Download FAQs, zuletzt abgerufen am 05.11.2024).
2. Ausgestaltung der Bezahlkarte
Ebenfalls ungeregelt sind die Form wie auch der Inhalt dessen, was die Bezahlkarte leisten kann bzw. soll, z.B. die Frage, ob und wenn ja in welchem Umfang eine Bezahlkarte Bargeldabhebungen erlaubt oder mögliche räumliche Beschränkungen ihres Einsatzes. Dies bleibt folglich dem jeweiligen Leistungsträger überlassen, wenn die Länder nicht z.B. in ihren Ausführungsgesetzen zum AsylbLG für das jeweilige Bundesland einheitliche Regelungen erlassen.
3. Bezahlkarte für Grundleistungsbeziehende, §§ 3, 3a AsylbLG
§ 3 AsylbLG bildet die Grundnorm für den Inhalt des Leistungsanspruchs der nach § 1 AsylbLG Leistungsberechtigten. Nach § 3 Abs. 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf). Der Anspruch ist hinsichtlich der Art der Leistungserbringung (Geld- oder Sachleistungen, Bezahlkarten, Wertgutscheine oder andere unbare Abrechnungen) abhängig von der jeweiligen Wohnform bzw. Art der Unterbringung, die wiederum durch das Asylgesetz vorgegeben wird (§§ 47, 53 AsylG).
Während der Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung gilt im Grundsatz das Sachleistungsprinzip, sowohl für die notwendigen als auch die notwendigen persönlichen Bedarfe. Ist die Unterbringung in der Aufnahmeeinrichtung beendet, galt bis zu den Änderungen durch das DÜV-AnpassG zum 16.05.2024 – gleichgültig, ob die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft oder außerhalb erfolgte – im Grundsatz das Geldleistungsprinzip für alle Bedarfe; das Gesetz sah jedoch zahlreiche Öffnungsklauseln sowohl für die Erbringung von Sachleistungen zur Deckung des notwendigen als auch des notwendigen persönlichen Bedarfs vor. Seit Inkrafttreten der Änderungen zum 16.05.2024 bleibt es zwar beim Grundsatz der Sachleistungserbringung in Aufnahmeeinrichtungen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG). Soweit Sachleistungen nicht erbracht werden können, um die notwendigen bzw. notwendigen persönlichen Bedarfe vollständig zu decken, stehen nunmehr die Leistungserbringung durch Bezahlkarten, Wertgutscheine oder andere vergleichbare unbare Abrechnungen sowie von Geldleistungen als im Grundsatz gleichrangige Formen der Leistungserbringung nebeneinander. Es steht im Ermessen der Leistungsbehörden, in welcher Form Leistungen erbracht werden.
Für Geflüchtete, die außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen (z.B. Gemeinschaftsunterkünfte, eigene Wohnung) untergebracht sind, waren seit den Änderungen des AsylbLG durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren (in Kraft getreten am 17.03.2016, BGBl I 2016, 390) die Bedarfe vorrangig durch Geldleistungen zu decken. Schon mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des AsylbLG vom 13.08.2019 (BGBl I 2019, 1290) war jedoch der Katalog der Leistungen, die auch bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen (§ 3 Abs. 3 AsylbLG) durch Sachleistungen gedeckt werden können, um Kosten für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie erweitert und die Möglichkeit der leihweisen Zurverfügungstellung von Gebrauchsgütern des Haushalts eröffnet worden. Mit dem DÜV-AnpassG wurde der Vorrang der Geldleistungen vollständig aufgegeben. Sind Geflüchtete außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen untergebracht, wird nach § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG nunmehr der notwendige Bedarf durch Geld- oder Sachleistungen oder in Form von Bezahlkarten, Wertgutscheinen oder anderen unbaren Abrechnungen gedeckt – die Leistungsformen stehen mithin auch hier gleichrangig nebeneinander. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird nach Satz 2, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung oder mittels Bezahlkarte erbracht. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich der Sätze 6 und 7 in Form von Bezahlkarten oder durch Geldleistungen zu decken.
Die Gesetzesänderungen durch das DÜV-AnpassG stellen mithin die Form der Leistungserbringung in das Ermessen der jeweiligen Leistungsbehörde. Gesichtspunkte, die die Verwaltung bei der Ausübung ihres Ermessens leiten sollen, lassen sich der Begründung zu den Änderungen des § 3 AsylbLG nicht entnehmen (vgl. Ausschussbegründung BT-Drs. 20/11006, S. 102). Lediglich in den Vorbemerkungen zur Einführung der Bezahlkarte (BT-Drs. 20/11006, S. 101) werden Gründe der Verwaltungsvereinfachung gegenüber der Barauszahlung von Leistungen aufgeführt. Dies mag hinsichtlich der bis dahin in § 3 Abs. 5 AsylbLG vorgesehenen Form der Leistungserbringung mittels monatlicher Barauszahlung und damit für die Wahl der Form der Bezahlkarte („ob“) als Ermessensgesichtspunkt tragen. Gesichtspunkte, die die Behörde bei ihrer Entscheidung leiten, in welcher Höhe Bargeldabhebungen über die Bezahlkarte ermöglicht werden können, lassen sich – über den Gedanken der zweckwidrigen Verwendung im Einzelfall hinaus – kaum finden. Das in der Ausschussbegründung genannte Ziel der Vermeidung von Überweisungen in die Heimatländer oder Zahlungen an Schleuser kann nicht ohne konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall herangezogen werden. Auch die sich nicht im Gesetzestext niedergeschlagenen Erwartungen, dass das Guthaben nicht in voller Höhe als Bargeld abgehoben werden und Überweisungen ebenfalls im Grundsatz nicht möglich sein sollen, bringt Schwierigkeiten mit sich. Weil bestimmte Überweisungen aber nicht vermeidbar sind, ist eine sog. „Whitelist“ vorgesehen (https://www.kartensicherheit.de/oeffentlich/newsletter/alle-artikel/artikel-2018/kartensicherheit-de-erklaert-whitelisting.html, zuletzt abgerufen am 05.11.2024). In dieser werden IBAN-Nummern und Überweisungsempfänger sowie der Zweck der Zahlung durch die Leistungsverwaltung eingepflegt, die für Überweisungen freigegeben werden. Auch insoweit entscheiden die Behörden also in jedem Einzelfall, ob eine Überweisung auf ein bestimmtes Konto dem Zweck der Regelung entspricht. Der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung dürfte insoweit in den Hintergrund treten. Angesichts der hohen Anforderungen, die die Neufassung der Norm an die Behörden stellt, sind (gerichtliche) Streitigkeiten vorprogrammiert. Erste – unterschiedliche – Entscheidungen im Eilrechtsschutz schon kurz nach Inkrafttreten des DÜV-AnpassG belegen dies eindrücklich (in absteigender zeitlicher Reihenfolge, abgerufen in juris am 31.10.2024: SG Hamburg, Beschl. v. 18.07.2024 - S 7 AY 410/24 ER; LSG Hamburg, Beschl. v. 24.07.2024 - L 4 AY 8/24 B ER; SG Nürnberg, Beschl. v. 30.07.2024 - S 11 AY 15/24 ER; SG Nürnberg, Beschl. v. 30.07.2024 - S 11 AY 18/24 ER; SG München, Beschl. v. 29.08.2024 - S 42 AY 63/24 ER; LSG Hamburg, Beschl. v. 17.09.2024 - L 4 AY 11/24 B ER; SG München, Beschl. v. 18.09.2024 - S 16 AY 68/24 ER).
Nach § 3 Abs. 3 Satz 6 AsylbLG in der Fassung des DÜV-AnpassG sind, soweit der notwendige persönliche Bedarf oder der Bedarf für Haushaltsenergie nicht mittels der Bezahlkarte gedeckt werden kann, diese als Geldleistung zu erbringen. In der Sache und systematisch unverständlich ist die Regelung in Satz 6 zur Haushaltsenergie, die keinen inhaltlichen Bezug zum notwendigen persönlichen Bedarf hat. In der Sache ist, da die Möglichkeit der Erbringung der Haushaltsenergieleistung in Form der Bezahlkarte bereits in Satz 2 geregelt ist, die Aussage des Satzes auf das „soweit“ beschränkt. Können also durch die Bezahlkarte nicht die gesamten Bedarfe für die Haushaltsenergie gedeckt werden, sind sie im übersteigenden Umfang („soweit“) durch Geldleistung zu erbringen. Damit regelt Satz 6 das, was für jede Form der sog. Mischleistungserbringung, also der Leistungserbringung sowohl als Geld- als auch in Form von Sachleistungen, gilt: Decken Sachleistungen das Existenzminimum nicht vollständig, sind im Übrigen Geldleistungen zu erbringen (vgl. dazu und zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nur BVerfG, Urt. v. 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 Rn. 67). Leistungsberechtigte dürfen im Rahmen der Sach- bzw. Mischleistungserbringung mithin nicht schlechtergestellt werden, als würde der gesamte Bedarf durch Geldleistungen gedeckt. Entsprechendes gilt für den notwendigen persönlichen Bedarf.
Die damit einhergehenden Probleme sind jedoch vor allem beim notwendigen persönlichen Bedarf offensichtlich: Die leistungsberechtigte Person hat gegenüber der Leistungsbehörde im Einzelfall darzulegen, dass der Einsatz der Bezahlkarte in der konkreten Situation nicht möglich bzw. nicht ausreichend ist. Dies setzt wiederum voraus, dass sie angibt, was sie kaufen bzw. bezahlen möchte. Neben datenschutzrechtlichen Fragestellungen setzt allein dieser gesetzlich vorgesehene Mechanismus ein aufwändiges und fehleranfälliges Prüfungs- und Entscheidungsprogramm in Gang.
4. Weitere Änderungen für den Personenkreis der Grundleistungsbeziehenden
Der Bedarf für Unterkunft und Heizung kann nach § 3 Abs. 3 Satz 4 AsylbLG seit der Rechtsänderung auch als Direktzahlungen in entsprechender Anwendung des § 35a Abs. 3 SGB XII an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte erfolgen. Diese Form der Leistungserbringung sieht § 35a Abs. 3 Satz 2 SGB XII im Regelfall („sollen“) vor, wenn die zweckentsprechende Verwendung der Leistung nicht sichergestellt ist. Erforderlich ist insoweit eine Prognoseentscheidung, die sich auf tatsächliche Umstände stützen muss. Als Regelbeispiele werden in § 35a Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bis 4 SGB XII aufgeführt das Bestehen von Mietrückständen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen (Nr. 1), das Bestehen von Energiekostenrückständen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen (Nr. 2), bestehende konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden (Nr. 3), oder bestehende konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet (Nr. 4). Durch die Bezugnahme auf den gesamten § 35a Abs. 3 SGB XII ist auch die Möglichkeit gegeben, in entsprechender Anwendung des § 35a Abs. 3 Satz 1 SGB XII die Direktzahlung auf Antrag der leistungsberechtigten Person vorzunehmen. Neben der Direktzahlung an den Vermieter sieht die Regelung auch die Direktzahlung an „andere Empfangsberechtigte“ vor. Dabei dürfte es sich im Regelfall um Energieversorgungsunternehmen (vgl. BT-Drs. 20/3873, S. 112 zu § 35 SGB XII) handeln, an die die Kosten für die Heizung gezahlt werden dürfen.
Nach § 3 Abs. 5 Satz 1 AsylbLG in der bis 16.05.2024 geltenden Fassung sollten Geldleistungen wie auch Leistungen in Geldeswert (gemeint waren Wertgutscheine und andere Berechtigungsscheine) dem oder der Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich und nach Satz 3 längstens für einen Monat im Voraus ausgehändigt werden. Mit dem Gesetz vom 16.05.2024 ist die Pflicht zur persönlichen Aushändigung der Leistungen nicht mehr verpflichtend vorgegeben, ohne dass die Kommunen allerdings gehindert sind, an dieser Form der Erfüllung festzuhalten. Nunmehr regelt Satz 1 ausschließlich die berechtigten Empfänger der Leistungen, nämlich die leistungsberechtigte Person oder ein volljähriges berechtigtes Mitglied des Haushalts. Nach Satz 2 muss jedes volljährige Haushaltsmitglied über den individuell zustehenden Leistungsumfang auf einer Bezahlkarte selbstständig und unabhängig verfügen können. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden (vgl. BT-Drs. 20/11006, S. 103), dass jeder Erwachsene über eine eigene Bezahlkarte verfügen muss.
5. Bezahlkarte für Analogleistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG
Änderungen hat § 2 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG bereits mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rückführung vom 21.02.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 54) mit Wirkung vom 27.02.2024 erfahren. Die Wartefrist für den Bezug von sog. Analogleistungen ist im Anschluss an die entsprechende Verabredung der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder und des Bundeskanzlers vom 06.11.2023 auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Heimat (BT-Drs. 20/10090, S. 22) auf 36 Monate angehoben worden. Zugleich ist mit § 20 AsylbLG eine begünstigende Übergangsregelung für diejenigen Leistungsberechtigten getroffen worden, die bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung Analogleistungen bezogen haben. Danach gilt: „Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 36 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.“
Mit dem DÜV-AnpassG sind nunmehr Regelungen über die Möglichkeit zum Einsatz einer Bezahlkarte auch bei der Leistungserbringung an Analogleistungsberechtigte in § 2 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 AsylbLG eingeführt worden. Nach Satz 1 bestimmt bei der Unterbringung von Analogleistungsberechtigten in einer Gemeinschaftsunterkunft die zuständige Behörde die Form der Leistung aufgrund der örtlichen Umstände. Nach Satz 2 ist nunmehr unabhängig von der Art der Unterbringung die Leistungserbringung auch in Form der Bezahlkarte möglich. Soweit einzelne Bedarfe des monatlichen Regelbedarfs entsprechend § 27a Abs. 2 Satz 1 des SGB XII nicht mittels der Bezahlkarte gedeckt werden können, sind diese als Geldleistung zu erbringen (Satz 3). Bis dahin galt für Analogleistungsberechtigte (wie für Leistungsberechtigte nach dem SGB XII, vgl. § 10 SGB XII) im Grundsatz der Vorrang von Geldleistungen.
Zur Begründung der Änderung wird u.a. ausgeführt, der Leistungsbehörde werde hinsichtlich der Art der Leistungserbringung Ermessen eingeräumt. Dies sei sinnvoll, um örtlichen Besonderheiten und unterschiedlichen Lebenslagen Rechnung tragen zu können. Die Leistungsform der Bezahlkarte stelle insbesondere ein taugliches Mittel dar, um beispielsweise Geldzahlungen an Schleuser zu unterbinden. Zudem ermögliche die Regelung den Leistungsbehörden, im Rahmen der Ermessensausübung Umstände zu berücksichtigen, aufgrund derer der Einsatz einer Bezahlkarte im Einzelfall nicht zweckmäßig erscheine. Dies könne etwa der Fall sein bei Leistungsberechtigten, die Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Ausbildungsvergütung oder BAföG auf ein eigenes Girokonto erhalten, so dass eine Überweisung der aufstockenden AsylbLG-Leistungen auf dieses Konto zweckmäßiger erscheine als eine Erbringung per Bezahlkarte (BT-Drs. 20/11006, S. 102). Anders als bei Grundleistungsberechtigten nach § 3 AsylbLG fehlt in der Begründung des Gesetzentwurfs ein (ermessensleitender) Hinweis auf Gründe der Verwaltungsvereinfachung. Bei der Unterbringung Geflüchteter in Gemeinschaftsunterkünften legt Satz 1 örtliche Verhältnisse als (einen) Maßstab fest. Wie diese das Ob und die Höhe des verfügbaren Bargeldbetrags beeinflussen und damit ermessensleitend sei können, bleibt abzuwarten. Bei einer Unterbringung außerhalb von Gemeinschaftsunterkünften dürften möglicherweise fehlende Einsatzmöglichkeiten in ländlichen Gemeinden oder bei kleineren Geschäften wie Bäckern zum Tragen kommen, denn der Einsatz der Karte verursacht bei den Händlern zumindest für die erstmalige Anschaffung eines Lesegeräts Kosten.
Die Ausschussbegründung nennt als Gesichtspunkt, der gegen die Ausgabe einer Bezahlkarte spricht, allein die Notwendigkeit, ohnehin ein Konto für den Eingang von Arbeitsentgelt oder Ausbildungsvergütung zu führen. Berücksichtigt man zudem, dass Analogleistungen ohnedies erst nach einem – dann verfestigten – Aufenthalt von mehr als 36 Monaten im Bundesgebiet zu gewähren und mit den Leistungen daher perspektivisch auch Ansparobliegenheiten verbunden sind, dürften die Anforderungen an die Entscheidung der Behörde steigen, anstelle von Geldleistungen die Bezahlkarte auszugeben. In diesen Fällen dürften, wie im SGB XII im Übrigen, wohl im Wesentlichen Gesichtspunkte zweckwidriger Mittelverwendung im konkreten Einzelfall für die Ausgabe der Bezahlkarte sprechen können.
III. Leistungsausschluss für Geflüchtete
Mit dem Gesetz zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems vom 25.10.2024 (BGBl I Nr. 332) wurden mit Wirkung vom 31.10.2024 § 1 Abs. 4 AsylbLG geändert und § 1a Abs. 7 AsylbLG aufgehoben. Das Gesetz, das neben den Änderungen des AsylbLG auch Änderungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht sowie dem Waffenrecht enthält, ist in Reaktion auf den islamistischen Anschlag im August 2024 auf einem Volksfest in Solingen entstanden (vgl. BT-Drs. 20/12805). Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Geflüchteter, dessen Abschiebung nicht umgesetzt worden war, hatte Volksfestbesucher bei einem Messerangriff getötet.
Neu in den Katalog der Leistungsausschlusstatbestände in § 1 Abs. 4 AsylbLG aufgenommen wurden vollziehbar Ausreisepflichtige (zu den schon zuvor von § 1 Abs. 4 AsylbLG erfassten vollziehbar Ausreisepflichtigen, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem an dem Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat internationaler Schutz gewährt worden ist, der fortbesteht), deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Abs. 1 Nr. 1AsylG i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylG als unzulässig abgelehnt wurde, für die eine Abschiebung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG angeordnet wurde und für die nach der Feststellung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Ausreise rechtlich und tatsächlich möglich ist, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Die betroffenen Personen sind nach der Neuregelung von den Leistungen gänzlich ausgeschlossen; sie erhalten – anders als bisher – keine eingeschränkten Leistungen nach § 1a AsylbLG mehr. Eine Entscheidung als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ergeht, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Verordnung v. 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zu Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz, sog. Dublin-III-Verordnung) zuständig ist.
Die von Leistungen ausgeschlossenen Geflüchteten erhalten gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2 AsylbLG grundsätzlich nur Überbrückungsleistungen für einen Zeitraum von zwei Wochen einmalig innerhalb von zwei Jahren. Dabei handelt es sich in entsprechender Anwendung des § 1a Abs. 1 AsylbLG um Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege; hinzu kommen Leistungen bei Krankheit zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie für werdende Mütter. Der Gesetzgeber geht typisierend davon aus, dass es sich bei dem erfassten Personenkreis um Ausländer handelt, die erst vor sehr kurzer Zeit nach Deutschland eingereist sind. Daher sei die Annahme gerechtfertigt, dass es für sie im Regelfall mit keinem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden sei, Deutschland kurzfristig wieder zu verlassen und in das Land zurückzukehren, das entsprechend der Dublin-III-Verordnung für die Durchführung ihres Asylverfahrens zuständig ist (BT-Drs. 20/12805, S. 31). Dabei betont die Begründung des Gesetzentwurfs zutreffend, dass der Leistungsausschluss, auch wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG erfüllt sind, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten an weitere Bedingungen geknüpft sein muss. Danach erfolgt „eine freiwillige Ausreise bzw. Überstellung …. nur, nachdem der andere Staat der Übernahme ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat und dem Asylsuchenden in diesem Staat keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dies ist etwa der Fall, wenn der Asylsuchende kein Recht auf Leistungen nach der Richtlinie 2013/33/EU hat. Zudem muss die Ausreise tatsächlich möglich sein. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, erfolgt keine Überstellung und die Ausreisepflicht ist ausgesetzt. Damit erfolgt kein Leistungsausschluss“. Diese Grenze hat der 8. Senat des BSG in seiner Entscheidung zu § 1a Abs. 7 AsylbLG a.F. ebenfalls gezogen (BSG, EuGH-Vorlage. v. 25.07.2024 - B 8 AY 6/23 R), wonach der Ablauf der Überstellungsfrist nach der Dublin-III-Verordnung nach Sinn und Zweck der Regelung die Möglichkeit zur Einschränkung von Leistungen entfallen lässt. Denn die Einschränkung von Leistungen (und erst recht der jetzt vorgesehene Leistungsausschluss) sind nur vor dem Hintergrund zu rechtfertigen, dass die Ausreise in den anderen Mitgliedstaat unmittelbar bevorsteht und dort die Existenz nach Maßgabe des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gesichert wird.
Hinsichtlich der Form der Überbrückungsleistungen wird in § 1 Abs. 4 Satz 5 Halbsatz 2 AsylbLG nunmehr die Erbringung von Geldleistungen ausgeschlossen. Die Bestimmung im ersten Halbsatz, wonach die Leistungen als Sachleistungen erbracht werden sollen, erlaubt daher – ohnehin nur im Ausnahmefall – nur noch die alternative Leistungserbringung durch Wertgutscheine, unbare Abrechnungen oder durch die Bezahlkarte (BT-Drs. 20/12805, S. 31). Mit dem Ausschluss von Geldleistungen soll dem Ziel des Leistungsausschlusses „entsprochen“ werden. Soweit es im Einzelfall besondere Umstände erfordern, werden Leistungsberechtigten zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen nach § 4 AsylbLG sowie nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG gewährt – im Vergleich zum Katalog der Überbrückungsleistungen nach § 1a erlaubt die Regelung die zusätzliche Gewährung von Kleidung sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts. Ergänzt wurde der Härtefall-Leistungskatalog um Leistungen zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern.
Betont wird in der Begründung des Gesetzentwurfs zudem, dass der bloße Verbleib des Ausreisepflichtigen im Bundesgebiet oder die Aussicht auf geringere Leistungen im schutzgewährenden oder zuständigen Mitgliedstaat keine außergewöhnliche Härte begründe. Dabei handelt es sich allerdings um Argumente, die bislang weder in Rechtsprechung noch Literatur als Härtegesichtspunkte diskutiert worden waren.
IV. Schluss
Während der Abfassung dieses zweiteiligen Beitrags wurden die Leistungssätze nach § 3a Abs. 4 AsylbLG für das Jahr 2025 bekanntgemacht (Bekanntmachung vom 23.10.2024, BGBl. 2024 I Nr. 325). Anders als im SGB II und SGB XII, wo die Regelung des § 28a Abs. 5 SGB XII dafür sorgt, dass die Eurobeträge der Regelbedarfsstufen im kommenden Jahr unverändert fortgeschrieben werden, also so hoch bleiben, wie sie derzeit sind, fehlt eine solche „Abschmelzklausel“ im AsylbLG. Vielmehr sieht § 3a Abs. 4 AsylbLG nur eine Fortschreibung entsprechend der Veränderungsrate nach § 28a SGB XII i.V.m. der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII vor und ermöglicht so auch eine Fortschreibung, die zu einer Senkung der Bedarfssätze führt. Dies realisiert sich im Jahr 2025. Die Bedarfssätze verringern sich, abhängig von den einzelnen Bedarfsstufen, zwischen 13 und 22 Euro pro Monat und Person.
Es bleibt abzuwarten, ob die mit den Änderungen des AsylbLG des Jahres 2024 verfolgten Ziele erfüllt werden (können), denn entscheidend wird sein, wie der Vollzug des Gesetzes in der Praxis funktioniert. Die Anforderungen an die Leistungsverwaltung waren und sind insoweit weiterhin hoch. Wünschenswert wäre, nähme der Gesetzgeber künftige Änderungen des AsylbLG zum Anlass, zahlreiche, auch mehr als 30 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes bestehende Regelungslücken zu schließen, die für die Leistungsbehörden die Umsetzung des Gesetzes fortlaufend schwieriger machen. Die Möglichkeit der Direktzahlung der Miete an den Vermieter war insoweit ein richtiger, wenn auch viel zu kurzer Schritt.