Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urt. v. 14.12.2023 V R 2/21 - Zum Zweckbetrieb „Krankenhaus“ i.S.d. § 67 der Abgabenordnung (AO)Leitsatz Einnahmen eines Krankenhauses aus der Personal- und Sachmittelgestellung an nach § 116 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ermächtigte Ärzte - und demgemäß die diesen Einnahmen zuzuordnenden Ausgaben - hängen nicht mit dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ (§ 67 Abs. 1 AO) zusammen, sondern gehören zu den Besteuerungsgrundlagen, die einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind (§ 64 Abs. 1 AO; teilweise parallel zu BFH, Urt. v. 14.12.2023 - V R 28/21). - A.
Problemstellung Das Urteil betrifft die Frage, ob Gewinne eines Krankenhausbetreibers aus einer Personal- und Sachmittelgestellung an angestellte Ärzte im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) zu erfassen sind oder ob sie dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ i.S.d. § 67 AO zuzuordnen sind. Das ist deshalb von Bedeutung, weil gemeinnützige Körperschaften zwar nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG unter bestimmten Voraussetzungen von der Körperschaftsteuer befreit sind. Schließt aber das Gesetz – wie es § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG anordnet – die Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten wird, so verliert die Körperschaft gemäß § 64 Abs. 1 AO die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte, Umsätze, Vermögen), soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist. Entsprechendes gilt gemäß § 3 Nr. 6 GewStG für die Gewerbesteuer.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Die Klägerin ist eine gGmbH, die in den Streitjahren u.a. zwei Krankenhäuser betrieb, die die Voraussetzungen von § 67 Abs. 1 AO an einen Zweckbetrieb erfüllten. Die Klägerin genehmigte unter bestimmten Voraussetzungen den bei ihr angestellten Ärzten als Nebentätigkeit die ambulante Behandlung von Patienten. Für die genehmigte Nebentätigkeit stellte die Klägerin ihre Räumlichkeiten sowie Personal und sonstige Sachmittel gegen ein Nutzungsentgelt zur Verfügung. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, dass die Gewinne aus der Personal- und Sachmittelgestellung dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Klägerin unterfielen. Das FA erließ entsprechend geänderte Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide sowie Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer für die Streitjahre. Die Klage zum Finanzgericht hatte in dem im Revisionsverfahren noch streitigen Umfang Erfolg. Der BFH hat das FG-Urteil hinsichtlich der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbeträge aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, weil das FG die Gewinne aus der Personal- und Sachmittelgestellung an ermächtigte Ärzte zu Unrecht dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ i.S.d. § 67 AO zugeordnet hat. § 67 AO umfasst alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen. Mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen des Krankenhausbetriebs hängen die Einnahmen in einem ausreichenden Maße zusammen, wenn sie auf einer typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachten Leistung beruhen. Ausgehend von dem Zweck des § 67 AO, die Sozialversicherungsträger als Kostenträger für ihre Versicherten steuerlich zu entlasten, handelt es sich jedenfalls so lange um eine typischerweise gegenüber den Patienten erbrachte Leistung, als das Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrags von Gesetzes wegen zu dieser Leistung befugt ist und der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für seine Versicherten deshalb grundsätzlich zahlen muss. Diesen Zusammenhang der Gewinne aus der Personal- und Sachmittelgestellung konnte der BFH – zu Recht – nicht erkennen, denn es fehlte insoweit bereits an einem hinreichenden Zusammenhang mit einer Krankenhausbehandlung. Das Personal und die Sachmittel des Krankenhauses dienten der Behandlung von Patienten im Rahmen der Ambulanzen der ermächtigten Ärzte, die in ihren Ambulanzen in ihrem überwiegend eigenen Interesse tätig waren. Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, damit dies prüfen kann, ob die Voraussetzungen eines allgemeinen Zweckbetriebs nach § 65 AO vorliegen.
- C.
Kontext der Entscheidung Das Urteil gehört zu einer Vielzahl von Entscheidungen zur Abgrenzung von wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und Zweckbetrieb. Da Einnahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, der kein Zweckbetrieb ist, von steuerlichen Vergünstigungen ausgeschlossen sind, ist die Beantwortung der Frage, ob die Einnahmen – hier aus der Personal- und Sachmittelgestellung an angestellte Krankenhausärzte – dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder dem Zweckbetrieb zuzuordnen sind, für die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbefreiung elementar.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Für das Krankenhauswesen ist die Entscheidung natürlich unerfreulich. In Zeiten des Fachkräftemangels sind auch Krankenhausbetreiber bemüht, ihrem ärztlichen Personal attraktive Bedingungen bieten zu können. Das möchte man verständlicherweise gerne in den Rahmen eines steuerlich begünstigten Zweckbetriebes einbinden. Dem hat der BFH allerdings – rechtssystematisch nachvollziehbar und völlig einwandfrei – einen Strich durch die Rechnung gemacht.
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