Nochmals: Zur Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner im Verfahren vor der VergabekammerLeitsätze 1. Das Gesetz gibt keine Regel vor, unter welchen Umständen die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer nach § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG als notwendig anzusehen ist. Gleichwohl führen die für die Beurteilung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts typischerweise maßgeblichen Umstände dazu, dass im Regelfall die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für die am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen notwendig ist, wenn sie nicht auf tatsächlich vorhandene Rechtskenntnisse, die ihnen etwa durch eine eigene Rechtsabteilung vermittelt werden, zurückgreifen können, während sie für den öffentlichen Auftraggeber im Regelfall nur dann notwendig ist, wenn die sich im Vergabenachprüfungsverfahren stellenden Rechtsfragen nicht mit den Rechtskenntnissen, die von ihm als Betreiber des Vergabeverfahrens zu erwarten sind, angemessen zu bewältigen sind. 2. Die Festsetzung der Verfahrensgebühr für das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer (§ 182 Abs. 2 GWB) durch die Vergabekammer ist, wenn die Festsetzung im Beschwerdeverfahren angegriffen wird, auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen. Nicht vertretbar ist die Festsetzung, wenn die Vergabekammer die hierfür bestehenden gesetzlichen Vorgaben oder die nach diesen Vorgaben maßgeblichen Tatsachen nicht oder fehlerhaft berücksichtigt oder, soweit ihr danach ein Ermessen zukommt, dieses nicht nachvollziehbar ausgeübt hat; darauf beschränkt sich die Überprüfung. Ist die Festsetzung der Verfahrensgebühr nach diesen Grundsätzen fehlerhaft, kann der Vergabesenat sie abändern und hierbei von der Vergabekammer unterlassene Feststellungen nachholen sowie das für die Wertung der Umstände nach den gesetzlichen Vorgaben eingeräumte Ermessen selbst ausüben (vgl. § 178 Satz 2 Halbsatz 1 GWB). 3. Für die Ermittlung der Höhe der Verfahrensgebühr nach § 182 Abs. 2 GWB kann grundsätzlich auf die auftragswertorientierte Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes zurückgegriffen werden. Der danach maßgebliche Bruttoauftragswert ist vorrangig dem Angebot des Antragstellers im Vergabenachprüfungsverfahren zu entnehmen. Ist der Abschluss einer Rahmenvereinbarung Gegenstand des Vergabeverfahrens, verbietet sich bei der Ermittlung des Auftragswertes zur Festsetzung der Verfahrensgebühr nach § 182 Abs. 2 GWB ein Rückgriff auf § 3 Abs. 4 VgV; vielmehr ist zur Ermittlung des Auftragswertes unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu schätzen, in welchem Umfang der Antragsteller voraussichtlich Aufträge in Vollzug der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung erhalten hätte. - A.
Problemstellung Das KG behandelte in der hier zu besprechenden Entscheidung die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Kosten für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts oder sonstigen Verfahrensbevollmächtigten im Vergabenachprüfungsverfahren durch einen öffentlichen Auftraggeber erstattungsfähig sind.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Der zugrunde liegende Fall betraf eine europaweite Ausschreibung aus dem Jahr 2023 für Rahmenvereinbarungen zur Errichtung von Flüchtlingsunterkünften in Berlin. Das Vergabeverfahren war in fünf Lose unterteilt, wobei jeweils die drei wirtschaftlichsten Angebote den Zuschlag erhalten sollten. Auf der Grundlage von Wettbewerben sollten anschließend unter den Vertragspartnern der Rahmenvereinbarungen die entsprechenden Einzelaufträge vergeben werden. Die Antragstellerin gab für Los 1 (Leichtbauhallen) und Los 3 (eingeschossige Containeranlagen) Angebote ab, erhielt jedoch keinen Zuschlag. Nach Mitteilung des Antragsgegners, dass die Beigeladenen den Zuschlag erhalten sollten, leitete die Antragstellerin nach erfolgloser Rüge vergaberechtlicher Verstöße ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer des Landes Berlin ein, in dem sich der Antragsgegner anwaltlich vertreten ließ. Der inhaltliche Kern der Auseinandersetzung lag in einer Auslegungsfrage zum Leistungsverzeichnis und dem Umgang des Auftraggebers mit Missverständnissen, die bei einem Teil der Bieter entstanden waren. Der Antragsgegner hatte aufgrund der Missverständnisse eine entsprechende – von der Antragstellerin gerügte – Berichtigung vorgenommen. Zusätzlich war über einen Akteneinsichtsantrag der Antragstellerin zu entscheiden, gegen den eine der Beigeladenen Geheimschutzinteressen geltend machte und zu dem sich der Antragsgegner nicht äußerte. Nach Eingang der Antragserwiderung teilte der Vorsitzende der Vergabekammer der Antragstellerin mit, dass ihr Nachprüfungsantrag bei vorläufiger Würdigung ohne Aussicht auf Erfolg sei. Er regte eine Antragsrücknahme an. Daraufhin nahm die Antragstellerin ihren Antrag bezüglich Los 3 zurück und hielt unter Verzicht auf eine mündliche Verhandlung an ihrem Antrag zu Los 1 fest. Daraufhin wies die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag ohne mündliche Verhandlung zurück. Sie begründete dies damit, dass der Antrag jedenfalls offensichtlich unbegründet sei, wenn er nicht schon mangels Antragsbefugnis an der Zulässigkeit scheitere. Sie stellte ferner die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners fest. Hiergegen (und gegen die nicht im Fokus dieser Besprechung stehende Gebührenfestsetzung durch die Vergabekammer) erhob die Antragstellerin sofortige Beschwerde – mit Erfolg. Das KG hob die Feststellung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners auf. Sie begründete dies wie folgt: Gemäß § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. dem entsprechend anwendbaren § 80 Abs. 2 VwVfG seien die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig gewesen sei. Die damit grundsätzlich bestehende Erstattungsfähigkeit dieser Aufwendungen hänge davon ab, ob es sich um Aufwendungen handle, die zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig gewesen seien (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB). Wann eine derartige Notwendigkeit vorliege, gebe das Gesetz nicht vor. Unter Wiedergabe einer grundlegenden Entscheidung des BGH (Beschl. v. 26.09.2006 - X ZB 14/06 Rn. 61) nähert sich das KG der Frage der Notwendigkeit anschließend wie folgt: Mangels näherer gesetzlicher Bestimmung könne die Frage nicht schematisch, sondern nur anhand der konkreten Einzelfallumstände beantwortet werden. Entscheidend sei insoweit, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den für die einschlägigen Vergaberechtsfragen maßgeblichen Sachverhalt zu erfassen, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das demnach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzutragen. Relevante Aspekte könnten insoweit sein: die Einfachheit oder Komplexität des Sachverhalts, die Überschaubarkeit oder Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen, aber auch rein persönliche Umstände wie die sachliche und personelle Ausstattung des Beteiligten, also beispielsweise, ob er über eine Rechtsabteilung oder andere Mitarbeiter verfüge, von denen erwartet werden könne, dass sie gerade oder auch Fragen des Vergaberechts sachgerecht bearbeiten könnten, oder – freilich eher auf Bieterseite relevant – ob allein der kaufmännisch gebildete Geschäftsinhaber sich des Falls annehmen müsse. Auf dieser Grundlage nimmt das KG eine typisierende Betrachtung vor, abhängig von der Stellung des jeweiligen Beteiligten: Für die Antragsteller-/Bieterseite: Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für die am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen sei im Regelfall notwendig, wenn sie nicht auf tatsächlich vorhandene Rechtskenntnisse, die ihnen etwa durch eine eigene Rechtsabteilung vermittelt werden, zurückgreifen können. Für die Antragsgegner-/Auftraggeberseite: Die Hinzuziehung sei hier im Regelfall nur dann notwendig, wenn die sich im Vergabenachprüfungsverfahren stellenden Rechtsfragen nicht mit den Rechtskenntnissen, die von dem Auftraggeber als Betreiber des Vergabeverfahrens zu erwarten seien, angemessen zu bewältigen seien. Denn der öffentliche Auftraggeber könne sich wegen seiner aus dem Kartellvergaberecht und ggf. auch seiner Stellung als Hoheitsträger folgenden Pflicht zur rechtmäßigen Durchführung des Vergabeverfahrens nicht darauf berufen, über keine vergaberechtlichen Rechtskenntnisse zu verfügen. So wie jeder Amtsträger die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechtskenntnisse haben oder sich verschaffen müsse, könne von einem öffentlichen Auftraggeber erwartet werden, dass das eingesetzte Personal die relevanten Rechtsvorschriften kenne. Deswegen sei von jedem öffentlichen Auftraggeber zu erwarten, dass er über hinreichende Kenntnisse zu den auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen des von ihm geführten Vergabeverfahrens verfüge und sich diese nötigenfalls in eigener Zuständigkeit sowie auf eigene Kosten beschaffe und im Vergabenachprüfungsverfahren einsetze. Dies entspreche auch der Rechtslage zur Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 80 Abs. 2 VwVfG im verwaltungsrechtlichen Widerspruchsverfahren. Auch dort sei eine Hinzuziehung von Rechtsanwälten durch die Ausgangsbehörde nur in besonders gelagerten Einzelfällen als notwendig anzusehen. Auch in schwierigen Rechtsfällen, die zu ihrem Aufgabenbereich gehören, sei von der Behörde zu erwarten, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der ihre Mitwirkung im Vorverfahren gehöre, ohne fremde Unterstützung ausführen könne. Dies gelte aufgrund der Verweisung des § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB auf das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht auch im Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer. Gründe für eine andere Handhabung der Vorschrift seien nicht ersichtlich. Die insoweit erörterten Kriterien wie die Komplexität des Sachverhalts, die Bedeutung des Auftrags, das Beschleunigungsgebot, die Komplexität des Vergaberechts, eine Waffengleichheit mit dem Antragsteller seien ohne Hinzutreten besonderer Umstände des Einzelfalls ungeeignet, um jedenfalls für den öffentlichen Auftraggeber eine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Mit Rücksicht auf diese Maßgaben sei die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch den Antragsgegner vorliegend nicht notwendig gewesen. Soweit zwischen den Beteiligten die Auslegung des Leistungsverzeichnisses sowie die Zulässigkeit einer entsprechenden Berichtigung durch den Antragsgegner streitig war, würden die einschlägigen Rechtsfragen zum vergaberechtlichen Basiswissen gehören, das bei jedem öffentlichen Auftraggeber vorhanden sein müsse, der ein kartellvergaberechtliches Vergabeverfahren durchführe. Sofern er im Nachprüfungsverfahren dennoch eine anwaltliche Unterstützung heranziehe, sei dies im kostenrechtlichen Sinne nicht notwendig. Die Hinzuziehung stehe ihm in diesem Zusammenhang zwar frei, sei jedoch von ihm selbst zu finanzieren. Entgegen der Entscheidung der Vergabekammer könne die Notwendigkeit der Hinzuziehung auch nicht auf die Schwierigkeit der Rechtsfragen bei der Würdigung des Akteneinsichtsantrags gestützt werden. Die sich hier stellenden Fragen zur Reichweite des Akteneinsichtsrecht mit Rücksicht auf eigene oder fremde Geheimschutzinteressen würden ebenfalls zum unabdingbaren, von jedem öffentlichen Auftraggeber zu erwartenden vergaberechtlichen Basiswissen gehören. Überdies habe die Vergabekammer übersehen, dass der Antragsgegner sich vorliegend nicht mit dem Akteneinsichtsantrag der Antragstellerin befasst habe, sondern allein die Beigeladenen sich hiergegen gewandt hätten. Gegen die Notwendigkeit der Hinzuziehung spreche auch die Feststellung der Vergabekammer, dass der Nachprüfungsantrag offensichtlich unbegründet sei. Bei offensichtlich unzulässigen oder offensichtlich unbegründeten Nachprüfungsanträgen sei die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts grundsätzlich in sich widersprüchlich. Die offensichtliche Erfolglosigkeit eines Nachprüfungsantrags liefere einen weiteren Anhaltspunkt für die ohnehin typischerweise fehlende Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für den öffentlichen Auftraggeber. Der öffentliche Auftraggeber müsse dies selbst ohne externe Expertise erkennen können.
- C.
Kontext der Entscheidung Die Entscheidung entspricht im Wesentlichen der in vergangenen Ausgaben bereits besprochenen restriktiven Spruchpraxis von Vergabesenaten im Hinblick auf die Frage der Erstattungsfähigkeit von auftraggeberseitigen Kosten für die Hinzuziehung von Rechtsanwälten oder sonstigen Bevollmächtigten in Vergabenachprüfungsverfahren (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 20.06.2024 - 11 Verg 2/24, hierzu: Kopco, jurisPR-VergR 10/2024 Anm. 1; OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 21.11.2024 - 11 Verg 6/24, hierzu: Horn, jurisPR-VergR 1/2025 Anm. 1; OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 28.11.2024 - 11 Verg 5/24, hierzu: Sakkaki, jurisPR-VergR 4/2025 Anm. 2). Auch das KG nimmt – trotz des von ihm und auch sonst zahlreich vertretenen Ansatzes einer stets erforderlichen Einzelfallwürdigung – zunächst eine typisierende Betrachtung vor, wonach an die Auftraggeberseite besonders hohe Anforderungen gestellt werden und die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Auftraggeber nur ausnahmsweise für notwendig gehalten wird. Eine nähere allgemeine Differenzierung insbesondere nach der Art und Schwierigkeit der im Nachprüfungsverfahren aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen nimmt das Kammergericht in diesem Zusammenhang nicht explizit vor (so jedoch andere Positionen in der Rechtsprechung, die beispielsweise ausführen, dass die Hinzuziehung regelmäßig notwendig ist, wenn das Nachprüfungsverfahren im Wesentlichen „einfache“ auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen betrifft (vgl. hierzu näher mit Nachweisen: Sakkaki, jurisPR-VergR 4/2025 Anm. 2). Interessant ist zudem, dass das KG typische Rechtfertigungsargumente für eine anwaltliche Vertretung zurückweist: Die Komplexität des Vergaberechts, die Bedeutung des Auftrags, das Beschleunigungsgebot oder eine „Waffengleichheit“ mit dem Antragsteller hält das Gericht demnach ohne besondere Umstände des Einzelfalls für ungeeignet, um eine Erstattungsfähigkeit von Vertretungskosten im Nachprüfungsverfahren für den öffentlichen Auftraggeber zu rechtfertigen. Anders hatte das KG in einem von ihm selbst zitierten Verfahren entschieden, in dem es um die Erstattungsfähigkeit zugunsten der Antragstellerseite ging. Dort hatte es ausgeführt: „Zu berücksichtigen ist ferner, dass eine umfassende und erfolgversprechende Rechtswahrnehmung im Nachprüfungsverfahren auch prozessuale Kenntnisse erfordert. Wegen der Schwierigkeit des Vergaberechts, der kontradiktorischen Ausgestaltung des Nachprüfungsverfahrens und der Eilbedürftigkeit des Vortrags in Vergabesachen ist die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten mithin nicht nur ausnahmsweise bei ungewöhnlichen Konstellationen als notwendig zu erachten“ (vgl. KG, Beschl. v. 14.12.2022 - Verg 10/22 Rn. 11).
- D.
Auswirkungen für die Praxis Abgesehen von den im Allgemeinen strengen kostenrechtlichen Anforderungen, die auch das KG an die vergaberechtlichen Kenntnisse und Kapazitäten der Auftraggeberseite gestellt hat, hat das Gericht die konkreten Umstände des hier zu entscheidenden Falles nicht außer Acht gelassen, sondern im Einzelnen gewürdigt. Mit Rücksicht auf die entsprechenden Ausführungen in der Begründung erscheint die Entscheidung im Ergebnis nachvollziehbar. Dessen ungeachtet können aus der strengen Spruchpraxis, wie teils bereits in den vorhergehenden Besprechungen (vgl. die Fundstellen oben unter C.) ausgeführt, die folgenden Schlüsse gezogen werden: Die Entscheidung erhöht den Rechtfertigungsdruck für die Beauftragung externer Rechtsanwälte durch öffentliche Auftraggeber in Nachprüfungsverfahren. Öffentliche Auftraggeber sollten konkret darlegen können, warum die einschlägigen Sach- und Rechtsfragen eine Hinzuziehung externer fachlicher Unterstützung rechtfertigen und die Gründe für die Beauftragung sorgfältig dokumentieren. Bloße Pauschalverweise etwa auf die Komplexität des Vergaberechts sind mit Kostenrisiken verbunden. Dies kann mit Rücksicht auf sonstige (Wirtschaftlichkeits-)Erwägungen des öffentlichen Auftraggebers langfristig zu einem verstärkten Aufbau interner vergaberechtlicher Kompetenz führen. Freilich bleibt es – wie auch das Kammergericht ausgeführt hat – öffentlichen Auftraggebern unbenommen, sich insbesondere auch in Abhängigkeit von der Bedeutung und Dringlichkeit des Beschaffungsprojekts und unter Inkaufnahme eines Kostenrisikos nach wie vor für eine Unterstützung durch spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien zu entscheiden. Die strenge Rechtsprechung könnte faktisch zu einer Verlängerung von Nachprüfungsverfahren führen, da öffentliche Auftraggeber ohne spezialisierte anwaltliche Unterstützung möglicherweise, auch kapazitätsbedingt, weniger effizient agieren können. Dies steht in einem gewissen, auch rechtspolitisch relevanten Spannungsverhältnis zum vergaberechtlichen Beschleunigungsgebot und im Ergebnis auch zum Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, wenn dadurch der erfolgreiche und rechtzeitige Abschluss von Beschaffungsprojekten in Gefahr gerät. Vergaberechtlich ausgerichtete Rechtsanwaltskanzleien sollten unter Umständen ihre Beratung bei der Mandatsübernahme anpassen und öffentliche Auftraggeber über das erhöhte Kostenrisiko aufklären. Im Übrigen zeigt die Entscheidung des KG exemplarisch, welche Themen als vergaberechtliches Basiswissen gelten können, mit der Folge, dass diesbezüglich eine Erstattungsfähigkeit für eine externe Vertretung im Nachprüfungsverfahren regelmäßig ausscheiden dürfte: Neben der Auslegung des eigenen Leistungsverzeichnisses können dies der Umgang mit Missverständnissen auf Bieterseite und die Zulässigkeit nachträglicher Berichtigungen sowie Fragen des Umfangs der Akteneinsicht und des Geheimschutzes sein.
- E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung Das KG hat sich im Übrigen mit der Festsetzung der Verfahrensgebühr auseinandergesetzt und die Entscheidung der Vergabekammer insoweit ebenfalls korrigiert (vgl. hierzu die ausführlichen Leitsätze zur KG-Entscheidung).
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