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Anmerkung zu:LG Hamburg 8. Zivilkammer, Urteil vom 20.05.2025 - 308 O 98/24
Autor:Rainer Wenker, Ass. jur.
Erscheinungsdatum:19.11.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 269 ZPO, § 249 BGB, § 287 ZPO
Fundstelle:jurisPR-VerkR 23/2025 Anm. 1
Herausgeber:Dr. Klaus Schneider, RA, FA für Verkehrsrecht, FA für Versicherungsrecht und Notar
Zitiervorschlag:Wenker, jurisPR-VerkR 23/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Wertminderung und Nutzungsausfall bei Beschädigung eines exotischen Sportwagens



Orientierungssätze

1. Bei der Wertermittlung eines in begrenzter Stückzahl hergestellten Rennwagens mit Straßenzulassung ist nicht unbedingt der vom Hersteller ausgewiesene Betrag zugrundezulegen. Es entspricht nicht den Tatsachen, dass entsprechende Fahrzeuge als „überwiegende Regel“ nur über den Hersteller mit entsprechender Garantie verkauft würden.
2. Für die Zuerkennung eines Nutzungsausfallschadens muss die Entbehrung der Nutzung „fühlbar“ geworden sein. Dies ist nicht der Fall, wenn der Geschädigte das nach einem Unfall reparaturbedürftige Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Kraftfahrzeugs für seine alltägliche Lebensführung nicht wirklich gebraucht hat und ihm die Nutzung des Zweitwagens auch zumutbar war.



A.
Problemstellung
Der hochpreisige und in Kleinserie gefertigte Sportwagen des Klägers wurde unfallbedingt beschädigt. Streit bestand über die Höhe der merkantilen Wertminderung und einen Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung für die Dauer der Reparatur.p


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Kläger beansprucht von der Beklagten Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall. Er musste mit seinem Fahrzeug, einem Donkervoort GTO, wegen einer Rotlicht zeigenden Ampel anhalten. Die Beklagte fuhr auf das stehende Fahrzeug auf. Die volle Haftung der Beklagten ist unstreitig. Der Kläger holte ein Schadensgutachten ein. Danach war zur fachgerechten Reparatur des Schadens ein Betrag i.H.v. 15.454,65 Euro (netto) aufzuwenden. Die am Fahrzeug verbleibende merkantile Wertminderung wurde in dem Gutachten mit 15.000 Euro beziffert. Mit Schreiben vom 10.10.2023 wandte sich der Klägervertreter an die Beklagte und forderte diese auf, ihre Einstandspflicht mitzuteilen. Mit weiterem Schreiben vom 30.10.2023 machte er die vorgenannten und weitere Beträge geltend. Eine Zahlung erfolgte nicht, so dass die Positionen gegenüber der Beklagten mit der Klagschrift vom 24.01.2024 geltend gemacht wurden.
Vor Zustellung der Klage am 01.03.2024 leistete die Beklagte auf die Positionen dann wie folgt: Netto-Reparaturkosten 13.990,61 Euro und Wertminderung 3.100,00 Euro. Daraufhin erklärte der Kläger eine teilweise Klagrücknahme nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO.
Vom 10.01.2024 bis zum 29.03.2024 befand sich das Fahrzeug zur Unfallreparatur beim Hersteller in den Niederlanden. Die tatsächlichen Reparaturkosten beliefen sich auf 16.383,92 Euro (brutto). Mit Schriftsatz vom 27.05.2024 erweiterte der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Kläger die Klage entsprechend auf Geltendmachung jener tatsächlichen Reparaturkosten (brutto) abzüglich der bereits geleisteten 13.990,61 Euro sowie auf eine Nutzungsausfallentschädigung für insgesamt 79 Tage à 175,00 Euro. Damit standen zuletzt im Streit:
restliche Reparaturkosten: 2.393,31 Euro, restliche Wertminderung: 11.900,00 Euro und eine Nutzungsausfallentschädigung: 13.825,00 Euro (insgesamt 28.118,31 Euro).
Der Kläger erklärte, dass die von ihm behauptete merkantile Wertminderung an seinem Fahrzeug entstanden sei, wofür er auf das von ihm eingeholte Schadensgutachten sowie auf eine Bescheinigung des Herstellers verweist, wonach das Klägerfahrzeug durch den stehenden Unfallschaden auf dem Gebrauchtwagenmarkt einen Wertverlust von mindestens 5% des Neupreises (244.699,70 Euro brutto), also 12.234,99 Euro erlitten habe. Weil er das Fahrzeug während der Reparaturdauer nicht nutzen konnte, sei zudem die geltend gemachte Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen, zumal das Fahrzeug der einzige Pkw sei, der auf den Kläger zugelassen sei.
Die Beklagte behauptete, dass es sich bei dem Klägerfahrzeug um ein reines Spaß- und Freizeitfahrzeug handle, welches nicht das einzige Fahrzeug des Klägers sei. Die geltend gemachte Wertminderung sei zudem überhöht. Das Gericht hört den Kläger persönlich an. Ferner holte es für die streitige Frage der Höhe der merkantilen Wertminderung ein Sachverständigengutachten ein.
Das LG Hamburg hat entschieden, dass die Klage i.H.v. 7.696,67 Euro begründet und im Übrigen abzuweisen ist.
Der Höhe nach könne der Kläger von der Beklagten die von ihm noch geltend gemachten Schadenspositionen wie folgt ersetzt verlangen: Brutto-Reparaturkosten: 2.393,31 Euro, merkantile Wertminderung: 5.303,36 Euro und keine Nutzungsausfallentschädigung. Die noch nicht regulierten Brutto-Reparaturkosten seien nach den §§ 249 ff. BGB als Fahrzeugschaden voll ersatzfähig. Die gemachte merkantile Wertminderung sei grundsätzlich i.H.v. 8.403,36 Euro (10.000,00 Euro abzgl. 19% „Umsatzsteueranteils“) erstattungsfähig. Über die bereits von der Beklagten geleisteten 3.100 Euro hinaus könne der Kläger von der Beklagten somit weitere 5.303,36 Euro beanspruchen.
Nach der durchgeführten Beweisaufnahme gehe das Gericht davon aus, dass die am Fahrzeug nach vollständiger, sach- und fachgerechter Reparatur der unfallbedingten Schäden verbleibende Wertminderung 10.000 Euro betrage. Das Gericht stützt sich dafür auf das Gutachten des Sachverständigen S., der für das Gericht nachvollziehbar, schlüssig und widerspruchsfrei hergeleitet habe, dass die Wertminderung in dieser Höhe verbleibe. Dabei habe der Sachverständige das Fahrzeug selbst besichtigt, den Fahrzeughersteller um Auskunft bezüglich der Art der Reparaturausführung gebeten und die Besonderheiten des Fahrzeugs anschaulich dargestellt („Rennwagen mit Straßenzulassung“, begrenzte Stückzahl, individualisiert auf den jeweiligen Halter etc.). Nach einer Marktrecherche und unter Berücksichtigung, dass kaum Vergleichsfahrzeuge existieren, habe der Sachverständige sodann den Wiederbeschaffungswert mit 245.000 Euro bemessen, was praktisch dem Preis entspreche, den auch der Kläger bei Anschaffung des Fahrzeugs gezahlt habe. Nach Darlegung der Besonderheiten der merkantilen Wertminderung im Bereich von Exoten und anderen Sonderfahrzeugen, wie dem hier in Rede stehenden Fahrzeug, habe sich der Sachverständige sodann mit der Anwendung der Rechenmodelle BVSK und MFM auseinandergesetzt, die Auskunft des Herstellers in diesem speziellen Fall überprüft und eingeordnet und schließlich auch die Art des Schadens berücksichtigt als einen solchen, bei dem es sich nur um den Austausch von Schraubteilen handelte und ein Eingriff in das Fahrzeuggefüge nicht erfolgte. Es sei daher von einer Spanne von ca. 3 bis max. 5% des ermittelten Wiederbeschaffungswertes von 245.000 Euro auszugehen und insbesondere wegen der Art des Schadens und einer durch den Hersteller selbst vorgenommenen Reparatur, bei der der Verdacht auf Reparaturrisiken bzw. Folge- der Spätschäden aus technischer Sicht ausgeschlossen sei, der mathematische Mittelwert von (marktkonform gerundet) 10.000 Euro angemessen, ausreichend und marktgerecht.
Das Gericht macht sich diese Einschätzung des Sachverständigen nach eingehender Prüfung sowie im Rahmen des ihm zustehenden tatrichterlichen Ermessens bei der Bestimmung der Schadenshöhe gemäß § 287 ZPO zu eigen. Dem Einwand der Beklagten, es sei jedenfalls der vom Hersteller ausgewiesene Betrag zugrunde zu legen, weil entsprechende Fahrzeuge als ganz überwiegend über den Hersteller mit entsprechender Garantie verkauft würden, sei schon deshalb nicht zu folgen, da ausweislich der Marktrecherche des Sachverständigen auf der Plattform „mobile.de“ vier Treffer für vergleichbare Fahrzeuge ergab, von denen nur ein einziges vom Hersteller in den Niederlanden angeboten wurde, die übrigen über deutsche Autohändler. Von dieser ermittelten merkantilen Wertminderung sei, da sie ausweislich des Sachverständigengutachtens ausgehend vom Bruttoverkaufspreis geschätzt wurde, ein dem „Umsatzsteueranteil“ entsprechender Betrag abzuziehen, was rechtlich gesehen auch bei einem Verkauf „von privat“ gelte (vgl. BGH, Urt. v. 16.07.2024 - VI ZR 205/23). Daraus ergebe sich der oben genannte Betrag von 8.403,36 Euro.
Einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung habe der Kläger hingegen nicht. Zwar habe er während der Reparaturdauer das Fahrzeug nicht nutzen können – und nach der Verkehrsauffassung und allgemeiner Rechtsauffassung stelle die Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs grundsätzlich ein vermögenswertes Gut dar und sei als geldwerter Vorteil anzusehen, so dass sich bei vorübergehender Entziehung ein Vermögensschaden ergeben könne (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2022 - VI ZR 35/22). Um sicherzustellen, dass der Geldersatz für Verluste im eigenwirtschaftlichen Einsatz der Sache ungeachtet der notwendigen Typisierung und Pauschalierung einer konkreten, auf das jeweils betroffene Vermögen bezogenen Schadensbetrachtung verhaftet bleibe und um dem schadensrechtlichen Grundsatz des Bereicherungsverbots gerecht zu werden, sei die Zuerkennung der Entschädigung außerdem davon abhängig, dass der Eigentümer sein Fahrzeug in der fraglichen Zeit benutzen wollte und hierzu in der Lage war. Auch davon gehe das Gericht im vorliegenden Falle aus. Darüber hinaus müsse die Entbehrung der Nutzung aber auch deshalb „fühlbar“ geworden sein, weil der Geschädigte das Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Kraftfahrzeugs für seine alltägliche Lebensführung wirklich gebraucht hätte. An einem fühlbaren Nutzungsausfall fehle es daher, wenn dem Geschädigten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung stehe, dessen ersatzweise Nutzung ihm zumutbar sei (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2022 - VI ZR 35/22).
Nach der Anhörung des Klägers stehe für das Gericht fest, dass dem Kläger ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung gestanden habe, dessen ersatzweise Nutzung ihm auch habe zugemutet werden können. Denn dem allein wohnenden Kläger habe ein Firmenwagen zur ausdrücklich gestatteten privaten Nutzung zur Verfügung gestanden, den er sowohl vor als auch nach dem hier in Rede stehenden Schadensereignis für seine alltägliche Lebensführung verwendet habe. Dabei habe es sich nach seinen Angaben um einen BMW gehandelt, dessen ersatzweise Nutzung für den Kläger zumutbar gewesen sei. Hinzu komme, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben den Donkervoort auch gar nicht für die alltäglichen Fahrten zur Arbeit oder für Einkäufe habe benutzen wollen, sondern um damit Ausfahrten zu machen, Verwandte zu besuchen oder vielleicht auch Urlaubsreisen sowie um sich ggf. mit gleichgesinnten Autoliebhabern zu treffen. Dass die Nutzung eines BMWs für entsprechende Fahrten unzumutbar wäre, sei nicht ersichtlich. Soweit der Kläger mit dem besonderen Fahrzeug „Ausfahrten“ habe machen wollen oder sich mit Gleichgesinnten habe treffen wollen, sei das Fahrzeug allein als Gegenstand der Freizeitgestaltung betroffen. Eine solche Einbuße sei jedoch nicht im Rahmen einer Nutzungsausfallentschädigung zu ersetzen, da sie nicht die alltägliche Nutzbarkeit des Fahrzeugs zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung betreffe. An dieser Betrachtung ändere sich im Übrigen auch nichts dadurch, dass der Kläger bei Besuchen von Verwandten einen Koffer dabei zu haben pflegt und außerdem anlässlich der Fahrt, bei der sich der Unfall ereignete, seinen Steuerberater als Beifahrer dabei hatte, mit dem er auch über geschäftliche Dinge gesprochen habe. Auch ein BMW biete, wie allgemein bekannt, ausreichend Möglichkeiten, einen Koffer sowie ggf. auch den eigenen Steuerberater für Gespräche jeder Art mitzunehmen.


C.
Kontext der Entscheidung
Streit bestand hier einerseits über die Höhe der merkantilen Wertminderung durch den Unfallschaden, andererseits zum Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung während der Reparaturdauer.
1. Wertminderung
Vorliegend gab es seitens des Klägers (unter Berufung auf das von ihm eingeholte Schadengutachten), der Beklagten und auch des Herstellers des klägerischen Fahrzeugs unterschiedliche Bewertungen zur Höhe eines schadensbedingten merkantilen Minderwertes. Aus sachverständiger Sicht gibt es etliche Berechnungsmodelle zur Ermittlung des Minderwertes, etwa die Methode Ruhkopf/Sahm, der Wertminderungsrechner nach der Marktrelevanz- und Faktoren-Methode (MFM), die Bremer Formel, die Methode Halbgewachs/Berger, das BVSK-Wertminderungsmodell sowie das Hamburger Modell. Damit vergleichbar ist auch das Goslarer Modell, welches vom 13. Deutschen Verkehrsgerichtstag erarbeitet wurde. Auch wenn die anerkannten Berechnungsmodelle im Einzelfall zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können, bieten sie doch grundsätzlich eine brauchbare Berechnungsgrundlage (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.1979 - VI ZR 16/79). Sicher haben alle Berechnungsmodelle ihre Stärken und Schwächen, so dass es insbesondere bei – wie hier – relativ jungen und/oder sehr hochwertigen Fahrzeugen regelmäßig einer an den konkreten Marktverhältnissen orientierten Korrektur durch einen Sachverständigen nach oben oder unten bedarf (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 28.02.2013 - 4 U 406/11; LG Frankfurt, Urt. v. 13.06.2006 - 2-24 S 346/03 und AG Rheine, Urt. v. 05.11.2020 - 4 C 69/20 m. Anm. Wenker, jurisPR-VerkR 9/2021 Anm. 3). Letztlich handelt es sich auch bei der Höhe des merkantilen Minderwertes um einen Schadensersatzanspruch, bei dessen Bemessung der Tatrichter nach § 287 ZPO besonders freigestellt ist und einzelfallgerecht entscheiden kann. Nachdem hier sowohl der Kläger und die Beklagte als auch der gerichtlich bestellte Sachverständige ihre Beurteilungen zu dem verbleibenden Minderwert vorgetragen haben, hat dann auch das Gericht auf dieser Basis entschieden.
Grundlage für die Bemessung des Minderwerts ist der Preis bei einem gegenwärtigen hypothetischen Verkauf des vorbeschädigten Fahrzeugs im Vergleich zu demjenigen eines sonst gleichen, aber unfallfreien Fahrzeugs. Dabei ist von Netto- und nicht von Bruttoverkaufspreisen auszugehen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um ein Fahrzeug handelt, welches zum Betriebsvermögen gehört oder im Privateigentum befindet (vgl. BGH, Urt. v. 16.07.2024 - VI ZR 205/23 und BGH, Urt. v. 16.07.2024 - VI ZR 188/22 m. Anm. Wenker, jurisPR-VerkR 19/2024 Anm. 2). Dies wurde auch vorliegend vom LG Hamburg berücksichtigt, so dass auf der Basis eines Brutto-Minderwertes von 10.000 Euro ein Nettobetrag i.H.v. 8.403,36 Euro zugesprochen wurde.
2. Nutzungsausfall
Voraussetzung für den Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung für ein beschädigtes Fahrzeug ist neben der Nutzungsmöglichkeit und dem Nutzungswillen grundsätzlich auch, dass der Geschädigte auf dessen ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Nutzung angewiesen ist. Vorliegend stand dem Kläger neben seinem beschädigten Donkervoort-Sportwagen auch noch ein BMW als Pkw zur Verfügung. Dabei handelte es sich zwar nicht um sein eigenes Fahrzeug, aber um einen Firmenwagen, der von ihm auch für privat uneingeschränkt genutzt werden konnte. Wie auch bei Motorrädern, Trikes und Quads, aber beispielsweise auch Oldtimern oder Wohnmobilen, handelt es sich bei derartigen, für den alltäglichen Fahrbedarf eher ungeeigneten Sportwagen, wie demjenigen des Klägers, regelmäßig um Fahrzeuge, die als Hobby für die Freizeitgestaltung angeschafft werden. Solche Fahrzeuge werden daher ganz überwiegend als Zweitfahrzeuge gehalten. Wie auch vorliegend, fehlt es dann an einer fühlbaren Nutzungsentbehrung und einem daraus folgenden, messbaren wirtschaftlichen Vermögensnachteil, wenn dem Geschädigten ein weiteres Fahrzeug, namentlich ein Pkw, zur uneingeschränkten Befriedigung seines individuellen Mobilitätsbedarfs zur Verfügung steht.
Hier stand dem Kläger nach eigenen Angaben ein BMW-Firmenwagen zur – auch privaten Nutzung –Verfügung. Der vorübergehende Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines reinen Freizeitfahrzeugs begründet deshalb nach gefestigter Rechtsprechung keinen Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung. Dies gilt ausdrücklich auch dann, wenn das Fahrzeug, dessen Nutzung vorübergehend entzogen wurde, gegenüber dem weiter zur Verfügung stehenden Fahrzeug eine höhere Wertschätzung des Geschädigten erfährt, etwa weil es sich dabei um einen hochwertigen Sportwagen handelt (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2022 - VI ZR 35/22 „Porsche 911 turbo“; BGH, Beschl. v. 11.09.2012 - VI ZR 92/12 m. Anm. Jahnke, jurisPR-VerkR 24/2012 Anm. 1 „Motorrad“; BGH, Urt. v. 10.06.2008 - VI ZR 248/07 „Wohnmobil“; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.11.2011 - I-1 U 50/11 m. Anm. Wenker, jurisPR-VerkR 5/2012 Anm. 2 „Morgan Plus 8“; OLG Frankfurt, Urt v. 13.09.2007 - 1 U 224/06 „Wohnmobil“; LG Mainz, Urt. v. 07.09.2011 - 3 S 190/10 m. Anm. Wenker, jurisPR-VerkR 12/2012 Anm. 2 „Motorrad“ und LG Köln, Beschl. v. 01.02.2011 - 9 S 378/10 „Motorrad“). Ebenso besteht folgerichtig auch bei der Beschädigung eines „normalen“ Pkws kein Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung, wenn dem Geschädigten ein Zweitwagen zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung steht (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 14.10.1975 - VI ZR 255/74; BGH, Urt. v. 18.06.1985 - VI ZR 126/84 und OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.04.2000 - 14 U 242/98).


D.
Auswirkungen für die Praxis
Bei der Ermittlung eines unfallbedingten merkantilen Minderwertes eines in Kleinserie gefertigten und hochpreisigen Sportwagens ist nicht unbedingt der vom Hersteller mitgeteilte Betrag zugrunde zu legen. Es ist unzutreffend, dass entsprechende Fahrzeuge ganz überwiegend nur über den Hersteller mit entsprechender Garantie verkauft werden.
Unabhängig von der Anwendung bekannter und etablierter Berechnungsmodelle zur Ermittlung des Minderwertes – mit ihren Stärken und Schwächen – bedarf es daher einer an den konkreten Marktverhältnissen orientierten Korrektur durch einen Sachverständigen. Dies gilt insbesondere bei relativ jungen und/oder sehr hochwertigen Fahrzeugen.
Für die Zuerkennung einer Nutzungsausfallentschädigung muss die Entbehrung der Nutzung des beschädigten Fahrzeugs „fühlbar“ geworden sein. Dies ist nicht der Fall, wenn dem Geschädigten während der Reparatur- oder Wiederbeschaffungsdauer ein weiteres Fahrzeug zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung steht. Dies gilt auch dann, wenn es sich dabei nicht um eigenes Fahrzeug, sondern um einen Firmenwagen handelt, der auch für private Fahrten genutzt werden kann.



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